07.11.2016

Wohnungsüberlassung an die Tochter stellt keine unbefugte Gebrauchsüberlassung dar

Eine unbefugte Gebrauchsüberlassung der Wohnung liegt nicht vor, wenn ein Mieter lediglich drei Monate im Jahr die Wohnung selbst bewohnt und den Rest der Zeit die Wohnung einer nahen Verwandten (hier: der Tochter) zur Nutzung überlässt. Eine unberechtigte Gebrauchsüberlassung an nahe Angehörige liegt erst dann vor, wenn der Mieter in der Wohnung lediglich einzelne Gegenstände zurückgelassen hat oder der Mieter den Gewahrsam über die Wohnung vollständig aufgibt und den ihn treffenden Obhutspflichten nicht mehr nachkommt.

AG München 2.3.2016, 424 C 10003/15
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Eigentümer einer Wohnung in München. Seit November 1982 ist diese an den Beklagten vermietet, der dort mit seiner Ehefrau und seiner kleinen Tochter eingezogen war. Der Beklagte und seine Ehefrau halten sich in der Regel drei Monate im Winter in der Wohnung auf, den Rest des Jahres bewohnt die nunmehr erwachsene Tochter allein die Wohnung, da ihre Eltern diese Zeit in der Türkei verbringen.

Der Kläger war der Ansicht, dass eine unberechtigte Gebrauchsüberlassung an die Tochter vorliege und kündigte nach einer erfolglosen Abmahnung das Mietverhältnis. Der Beklagte weigerte sich auszuziehen. Das AG wies die Räumungsklage des Klägers ab. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Dem Kläger stand kein Recht zur Kündigung zu.

Die Tochter des Mieters gehört nämlich zum privilegierten Personenkreis, eine Nutzung durch sie neben oder zusammen mit ihrem Vater als dem Mieter der Wohnung stellt keine unbefugte Gebrauchsüberlassung dar. Das Recht zur Aufnahme naher Verwandter wie der Tochter besteht, solange der Mieter die Wohnung noch in eigener Person nutzt.

Zwar darf der Mieter die Wohnung seinen Verwandten nicht zur alleinigen Benutzung überlassen. Das ist aber nur dann der Fall, wenn der Mieter die Wohnung lediglich sporadisch nutzt oder wenn er dort lediglich einzelne Gegenstände zurückgelassen hat. Insbesondere ist bei einem Bewohnen der Wohnung für einen Zeitraum von drei Monaten, der auch hier vorlag, entgegen der Ansicht des Klägers nicht von einer nur sporadischen Nutzung auszugehen. Denn es handelt sich bei drei Monaten um den vierten Teil eines Jahres.

Eine unberechtigte Gebrauchsüberlassung an nahe Angehörige liegt erst dann vor, wenn der Mieter in der Wohnung lediglich einzelne Gegenstände zurückgelassen hat oder der Mieter den Gewahrsam über die Wohnung vollständig aufgibt und den ihn treffenden Obhutspflichten nicht mehr nachkommt. Bei der Nutzung der Wohnung durch den Mieter über einen Zeitraum von einem Vierteljahr ist dies jedenfalls nicht der Fall.

AG München PM vom 4.11.2016