28.09.2015

Yogaunterricht kann auch in reinen Wohngebieten erlaubt sein

Die Nutzung von einzelnen Räumen oder von Wohneinheiten zur Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit ist auch in einem reinen Wohngebiet zulässig, wenn die beruflich genutzte Fläche gegenüber der wohnbaulich genutzten Fläche im Gebäude eindeutig untergeordnet ist und es sich um eine häuslichen Abläufen entsprechende, "wohnartige" Betätigung handelt.

VG Trier 17.9.2015, 5 L 2377/15.TR
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin ist freiberufliche Yogalehrerin und hatte im Untergeschoss eines Wohnhauses Räume zur Erteilung von Yogaunterricht angemietet. Nach Beschwerden aus der Nachbarschaft wegen des von den Kursteilnehmern verursachten Kraftfahrzeugverkehrs und Parkverhaltens hatte der Landkreis gegenüber der Antragstellerin eine Nutzungsuntersagung ausgesprochen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, bei der Tätigkeit als Yogalehrerin handele es sich nicht um eine freiberufliche Tätigkeit i.S.d. einschlägigen rechtlichen Bestimmung gem. § 13 BauNVO, sondern um eine gewerbliche Tätigkeit, die nicht unter die Vorschrift falle und die deshalb in einem reinen Wohngebiet nicht zulässig sei.

Das VG hat aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die bauaufsichtliche Anordnung wiederhergestellt. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Zwar unterfiel die von der Antragstellerin in den streitgegenständlichen Räumen ausgeübte Tätigkeit nicht den in § 3 Abs. 2 und 3 BauNVO getroffenen Regelungen. Die vorgenommene Nutzungsänderung war aber nach § 13 BauNVO rechtmäßig. Danach sind Räume für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Weise ausüben, in Baugebieten nach §§ 2-4  BauNVO  zulässig.

Der Begriff der freiberuflichen Tätigkeit bedurfte der Auslegung, wobei auf die Vorschrift des § 18 EStG zurückgegriffen werden konnte, in der u.a. die selbständig ausgeübte unterrichtende Tätigkeit als Beispielsfall angeführt wird. Zudem muss in einem solchen Fall über das für freie Berufe typischermaßen erforderliche Mindestmaß an individueller Qualifikation verfügt werden. Diese Voraussetzungen waren hier erfüllt. Schließlich übt die Antragstellerin eine unterrichtende Tätigkeit aus; sie hat die Yoga Vidya Lehrerausbildung absolviert und ist berechtigt, den Titel Yogalehrerin (BYV) zu führen.

Die Unterrichtssituation überschritt von ihrem Umfang her auch nicht die Grenzen einer wohnartigen Betätigung. Die Beschwerden Dritter bezogen sich nämlich ausschließlich auf den von den Kursteilnehmern verursachten Verkehrslärm, deren Parkverhalten und deren Gesprächslautstärke auf der Straße. Der durch eine i.S.d. baurechtlichen Vorschrift zulässige freiberufliche Tätigkeit verursachte Kraftfahrzeugverkehr ist jedoch regelmäßig hinzunehmen.

Etwas anderes gilt nur, wenn die Störungen ein Maß erreichen, das die Zumutbarkeitsschwelle übersteigt. Anhaltspunkte hierfür waren den Verwaltungsvorgängen entsprechend jedoch nicht hinreichend zu entnehmen und bedürften in Anbetracht der gravierenden beruflichen und finanziellen Auswirkungen der Nutzungsuntersagung jedenfalls weiterer Sachverhaltsaufklärung. Infolgedessen war ein überwiegendes Interesse der Antragstellerin an einer Aussetzung der Vollziehung zu bejahen.

VG Trier PM v. 17.9.2015
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