10.10.2012

Zu den Anforderungen an eine ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs des Mieters

Die für fristlose Kündigungen geltende Vorschrift des § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB, die im Fall einer rechtskräftigen Verurteilung des Mieters zur Zahlung einer erhöhten Miete eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach rechtskräftiger Verurteilung erlaubt, kann nicht auf ordentliche Kündigungen angewendet werden. Schließlich besteht der Zweck der Vorschrift darin, in bestimmten Fällen eine Obdachlosigkeit des Mieters infolge einer fristlosen Kündigung zu vermeiden.

BGH 10.10.2012, VIII ZR 107/12
Der Sachverhalt:
Der Beklagte ist seit 1972 Mieter einer Wohnung der Klägerin, die diese im Jahr 2003 erworben hat. Nach Anschluss der Wohnung an die Fernwärme verlangte die Klägerin vom Beklagten ab März 2008 neben der Grundmiete von 252,81 € Heizkostenvorschüsse i.H.v. monatlich 70 €. Dem Beklagten waren zu diesem Zeitpunkt vom Jobcenter Leistungen für Heizung und Unterkunft bewilligt, wobei das Jobcenter monatlich 252,81 € direkt an die Klägerin und 50 € auf ein vom Beklagten benanntes Konto überwies.

Der Beklagte zahlte die Heizkostenvorschüsse zunächst nicht. Für Mai und Juni 2009 zahlte er am 1.7.2009 zunächst 100 € und danach monatlich 50 €. Am 5.10.2009 kündigte die Klägerin schriftlich das Mietverhältnis fristgemäß zum 31.7.2010,  da der Beklagte die Heizkostenvorauszahlungen für die Monate März 2008 bis April 2009 nicht bezahlt hatte. Nachdem der Beklagte in einem Zahlungsprozess am 12.11.2009 zur Begleichung des Zahlungsrückstandes verurteilt worden war, erbrachte er die ausstehenden Leistungen am 30.7.2010. Das Urteil wurde am 15.11.2010 rechtskräftig.

Am 12.11.2010 kündigte die Klägerin erneut fristgemäß, weil der Beklagte zu diesem Zeitpunkt die Miete für den laufenden Monat - die laut Mietvertrag monatlich im Voraus, spätestens am dritten Werktag zu entrichten ist - noch nicht gezahlt hatte. Das AG gab der Räumungsklage statt. Berufung und Revision des Beklagten blieben erfolglos.

Die Gründe:
Eine ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen Zahlungsverzugs des Mieters darf zwar erfolgen, ohne dass die für eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB erforderlichen Mietrückstände erreicht sein müssen. Denn weil die ordentliche Kündigung im Gegensatz zur fristlosen Kündigung dem Vermieter die Lösung vom Vertrag nur unter Beachtung der gesetzlichen oder der vereinbarten Kündigungsfrist erlaubt, besteht kein Grund, die für die fristlose Kündigung festgesetzten Grenzen auf die ordentliche Kündigung zu übertragen.

Allerdings liegt eine zur ordentlichen Kündigung berechtigende nicht unerhebliche Verletzung der Zahlungspflicht noch nicht vor, wenn der Rückstand eine Monatsmiete nicht übersteigt und die Verzugsdauer weniger als einen Monat beträgt. Infolgedessen war die Kündigung der Klägerin vom 12.11.2010 entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts unwirksam. Das Urteil des LG erwies sich jedoch aus anderen Gründen als richtig, da die Kündigung vom 5.10.2009 das Mietverhältnis bereits wirksam beendet hatte.

Insofern war zu beachten, dass die für fristlose Kündigungen geltende Vorschrift des § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB, die im Fall einer rechtskräftigen Verurteilung des Mieters zur Zahlung einer erhöhten Miete eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach rechtskräftiger Verurteilung erlaubt, nicht auf ordentliche Kündigungen angewendet werden kann. Schließlich besteht der Zweck der Vorschrift darin, in bestimmten Fällen eine Obdachlosigkeit des Mieters infolge einer fristlosen Kündigung zu vermeiden. Wegen der bei einer ordentlichen Kündigung einzuhaltenden Kündigungsfrist besteht diese Gefahr allerdings nicht in gleichem Maße. Zudem hat der Gesetzgeber im Mietrechtsreformgesetz aus dem Jahr 2001 keine anderweitige Regelung getroffen, obwohl ihm die Problematik bekannt gewesen sein musste.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 167 vom 10.10.2012
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