28.10.2019

Zu den Grenzen der Wärmedämmung an einer Grenzwand

Der Eigentümer eines Grundstücks hat nur einen Überbau durch Bauteile zu dulden, die wegen des Anbringens einer Wärmedämmung an der Grenzwand des Nachbarn auf sein Grundstück hinüberragen; demgegenüber muss er Veränderungen an seinem Gebäude, die infolge der Anbringung der Wärmedämmung notwendig werden, nicht dulden. Der Teilhaber einer gemeinsamen Giebelwand (Nachbarwand), der diese mit einer Wärmedämmung versehen will, kann von dem anderen Teilhaber nicht die Duldung baulicher Eingriffe in Gebäudeteile verlangen, die nicht der gemeinsamen Verwaltung unterliegen.

BGH v. 14.6.2019 - V ZR 144/18
Der Sachverhalt:
Die Parteien sind Eigentümer unmittelbar aneinandergrenzender, in Hessen gelegener Reihenhäuser, die im Jahre 1976 in einer versetzten Bauweise errichtet wurden. Der Kläger hatte im Rahmen einer Sanierung seines Reihenhauses eine außenseitige Fassadendämmung anbringen lassen. Der unmittelbar an das Reihenhaus des Beklagten angrenzende und aufgrund der versetzten Bauweise frei liegende Teil der Wand des klägerischen Reihenhauses einschließlich eines schmalen Streifens im Dachbereich ist bislang nicht gedämmt.

Die vom Kläger in diesen Bereichen vorgesehene Außendämmung nebst Putz würde die Grenze zum Grundstück des Beklagten um insgesamt 11 cm überschreiten. Zu deren Anbringung müssten ein vom Beklagten an die Hauswand angepasster Holzunterstand mit Mülltonnenverkleidung, die an der Fassade des Hauses des Beklagten befindlichen Öffnungen für die Entlüftung des Öltanks und für die Abluft der Küche sowie ein Stromkabel verlegt und ferner der Dachbereich des Hauses des Beklagten geöffnet werden. Der Beklagte ist mit diesen Maßnahmen aber nicht einverstanden. Ein Schlichtungsversuch blieb erfolglos.

Das AG gab der Klage, mit der der Kläger vom Beklagten verlangt hatte, es ihm zu erlauben, dessen Grundstück zu betreten, um die Wärmedämmung an der zum Grundstück des Beklagten gelegenen Wand anzubringen und die hierzu erforderlichen Arbeiten am Dachanschluss auf seine (des Klägers) Kosten auszuführen, stattgegeben; das LG hat sie abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers blieb vor dem BGH erfolglos.

Gründe:
Im Ergebnis zutreffend hat das LG einen entsprechenden Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf der Grundlage von § 10a Abs. 1 NachbG HE verneint.

Zwar ging das Berufungsgericht ohne hinreichende Feststellungen von dem Vorliegen einer Grenzwand aus. Eine solche ist nach der in § 8 Abs. 1 NachbG HE enthaltenen Legaldefinition die an der Grenze zum Nachbargrundstück auf dem Grundstück des Erbauers errichtete Wand. Deren Außenkante verläuft dabei entweder nahe der oder auf der Grundstücksgrenze, ohne diese zu überschreiten. Sie steht daher im Alleineigentum des sie errichtenden Grundstückeigentümers. Geht man allerdings mit dem Kläger davon ausgegangen, dass eine (teilweise) auf beiden Grundstücken stehende Nachbarwand vorhanden ist, an die die Reihenhäuser in beiden Richtungen angebaut sind, fehlt es an dem Vorliegen einer Grenzwand, so dass eine Duldungspflicht nach § 10a Abs. 1 Satz 1 NachbG HE schon deshalb nicht in Betracht kommt. Wird hingegen unterstellt, dass eine auf dem Grundstück des Klägers errichtete Grenzwand vorliegt, kommt eine Duldungspflicht des Beklagten nach § 10a Abs. 1 Satz 1 NachbG HE ebenfalls nicht in Betracht.

Infolgedessen hat der Eigentümer eines Grundstücks nach § 10a Abs. 1 NachbG HE nur einen Überbau durch Bauteile zu dulden, die wegen des Anbringens einer Wärmedämmung an der Grenzwand des Nachbarn auf sein Grundstück hinüberragen; demgegenüber muss er Veränderungen an seinem Gebäude, die infolge der Wärmedämmung notwendig werden, nicht dulden. Dies folgt schon aus Satz 1 der Vorschrift. Darin wird eine Duldungspflicht des Eigentümers in Bezug auf die Bauteile der Wärmedämmung angeordnet, die auf sein Grundstück übergreifen. Zu dulden ist danach nur der durch diese Bauteile verursachte Überbau; demgegenüber muss er Veränderungen an seinem Gebäude, die infolge der Anbringung der Wärmedämmung notwendig werden, nicht dulden.

Eine Pflicht des Beklagten, das Anbringen der Wärmedämmung an der streitgegenständlichen Wand zu dulden oder die Zustimmung zu den erforderlichen Baumaßnahmen zu erteilen, ergibt sich auch dann nicht, wenn es sich bei der zu dämmenden Wand um eine gemeinsame Grenzeinrichtung handeln sollte. Denn der Teilhaber einer gemeinsamen Giebelwand (Nachbarwand), der diese mit einer Wärmedämmung versehen will, kann von dem anderen Teilhaber nicht die Duldung baulicher Eingriffe in Gebäudeteile verlangen, die nicht der gemeinsamen Verwaltung unterliegen.

Linkhinweise:
BGH online