17.06.2011

Zu Formularklauseln in Mietverträgen hinsichtlich einer vereinbarten Vorauszahlung der Miete in Kombination mit einer Aufrechnungsklausel

Eine Formularklausel, die abweichend von § 551 BGB aF bestimmt, dass die Miete für den jeweiligen Monat im Voraus zu zahlen ist, stellt keine unangemessene Benachteiligung des Mieters dar. Die gilt auch in Kombination mit einer Aufrechnungsklausel, der zufolge die Aufrechnung einen Monat zuvor anzukündigen ist.

BGH 4.5.2011, VIII ZR 191/10
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch um Rückgabe einer Wohnung und Erstattung vorgerichtlicher Kosten. Der inzwischen verstorbene Ehemann der Beklagten hatte die streitgegenständliche Wohnung im Jahr 1983 von der Rechtsvorgängerin der Klägerin gemietet; die Beklagte ist in den Mietvertrag eingetreten. Gem. § 4 Nr. 1 des Mietvertrags ist die Miete bis zum dritten Werktag des laufenden Monats zu zahlen. § 8 des Mietvertrags sieht vor, dass eine Aufrechnung einen Monat vor Fälligkeit der Miete anzuzeigen ist.

Mit Schreiben vom 9.11.2007, das der Beklagten am 12.11.2007 zuging, sprach die Klägerin eine Abmahnung aus, weil die Miete bislang im gesamten Zeitraum des laufenden Jahres jeweils erst zur Monatsmitte entrichtet worden war. Die Miete für November wurde am 16.11.2007 gezahlt, die Miete für Dezember am 11.12.2007. Mit Schreiben vom 7.12.2007 erklärte die Klägerin die fristlose Kündigung des Mietvertrages wegen unpünktlicher Mietzahlung. Die Klägerin hat Räumung und Herausgabe der Wohnung sowie Erstattung vorgerichtlicher Kosten begehrt.

Das AG wies die Klage ab; das LG gab ihr statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.

Die Gründe:
Mit der vom LG gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Klägerin gem. § 546 Abs. 1 BGB auf Räumung und Herausgabe der Wohnung nicht bejaht werden.

Zutreffend hat das LG allerdings angenommen, dass die Beklagte die Miete jeweils zum dritten Werktag des Monats zu entrichten hatte, so dass sie die Mietzahlungen im Jahr 2007 durchweg zu spät erbracht hat. Nach der Rechtsprechung des Senats begegnet eine Formularklausel, nach der die Miete abweichend von § 551 Abs. 1 BGB aF für den jeweiligen Monat im Voraus zu zahlen ist, für sich genommen grundsätzlich keinen Bedenken. Zwar kann dies anders zu beurteilen sein, wenn die Vorauszahlungsklausel mit einer Aufrechnungsklausel kombiniert und dadurch das Minderungsrecht des Mieters erheblich einschränkt wird, etwa dadurch, dass er wegen seiner Minderungsrechte auf den Klageweg verwiesen wird.

Eine derartige, den Mieter unangemessen benachteiligende und deshalb zur Unwirksamkeit der Vorauszahlungsklausel führende Kombination von Aufrechnungsklausel und Vorauszahlungsklausel hat das LG hier aber zutreffend verneint. Denn die hier verwendete Aufrechnungsklausel verlangt lediglich, dass der Mieter die Absicht der Aufrechnung einen Monat vor der Fälligkeit der Miete anzeigt. Zwar kann er bei einem im laufenden Monat nach Zahlung der Miete erstmals auftretenden Mangel die Minderung für diesen Monat erst bei der Mietzahlung für den übernächsten Monat berücksichtigen. Eine bloße Verschiebung des Minderungsrechts um ein oder zwei Monate stellt aber keine unangemessene Benachteiligung des Mieters dar.

Mit Erfolg macht die Revision hingegen geltend, dass das LG bei der Beurteilung der fristlosen Kündigung der Klägerin vom 7.12.2007 wesentliche Umstände nicht berücksichtigt hat, die seiner Annahme entgegenstehen, dass die weitere Fortsetzung des seit 1983 bestehenden Mietverhältnisses für die Klägerin bei Ausspruch der fristlosen Kündigung nicht mehr zumutbar war. Vorliegend war die Miete - von Beginn des Mietverhältnisses im Jahr 1983 an - jeweils erst zur Monatsmitte entrichtet worden, ohne dass die Klägerin oder ihre Rechtsvorgängerin dies vor der Abmahnung im November 2007 beanstandet hätten. Diesen Umstand hat das LG im Rahmen der Prüfung der Begründetheit der fristlosen Kündigung vom 7.12.2007 rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt.

Zwar sind wiederkehrende Vertragsverletzungen des Mieters nicht schon deshalb in einem milderen Licht zu sehen, weil der Vermieter sie zunächst hinnimmt, ohne den Mieter alsbald abzumahnen. Anders verhält es sich aber dann, wenn der Vermieter ein wiederkehrendes vertragswidriges Verhalten des Mieters - wie hier - über Jahre oder gar Jahrzehnte widerspruchslos hinnimmt. Denn in einer solchen Fallgestaltung hat der Vermieter gegenüber dem Mieter zumindest den - erst mit der Abmahnung wieder beseitigten - Anschein gesetzt, dass er den wiederkehrenden Vertragsverletzungen kein erhebliches Gewicht beimisst. Die Klägerin hat vorliegend nach der Abmahnung nur eine Monatsmiete um sechs Tage zu spät erhalten. Dies rechtfertigt angesichts der Gesamtumstände die von der Klägerin ausgesprochene fristlose Kündigung nicht.

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