16.04.2013

Zum Anspruch des Vermieters aus enteignendem Eingriff nach einem SEK-Einsatz

Dem Vermieter steht für Schäden, die im Zuge einer rechtmäßigen Durchsuchung der Wohnung im Rahmen eines SEK-Einsatzes gegen den Mieter verursacht wurden, zwar grundsätzlich ein Anspruch aus enteignendem Eingriff zu. Anders kann es allerdings zu bewerten sein, wenn der Vermieter weiß bzw. davon erfährt oder es sich ihm aufdrängen muss, dass die Wohnung für die Begehung von Straftaten, die Lagerung von Diebesgut oder Drogen in nicht unerheblicher Menge benutzt wird oder werden soll, und er den Mietvertrag trotzdem abschließt oder von einem Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht.

BGH 14.3.2013, III ZR 253/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Eigentümer einer Eigentumswohnung. Bei einer richterlich angeordneten Durchsuchung der Wohnung wurde das von einem SEK der Polizei zum Einsteigen benutzte Fenster beschädigt und der Teppichboden durch Glassplitter verunreinigt. Hintergrund der Durchsuchung war der Verdacht, dass der Mieter der Wohnung mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel trieb. Eine in der Vergangenheit liegende Verstrickung des Mieters in Drogendelikte kannte der Kläger, der mit der Schwester des Beschuldigten liiert ist.

Der Kläger verlangte Erstattung der für die Beseitigung der entstandenen Schäden erforderlichen Kosten. Das LG sprach ihm 802 € unter dem Gesichtspunkt des enteignenden Eingriffs zu; das OLG wies die Klage hingegen ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Gründe:
Soweit das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch nach § 839 Abs. 1 BGB, Art. 34 GG wegen der Rechtmäßigkeit der richterlich angeordneten Durchsuchung abgelehnt und auch sonstige spezialgesetzliche Entschädigungsansprüche verneint hatte, waren keine Rechtsfehler erkennbar. Dem Vermieter einer Wohnung steht allerdings für Schäden, die im Zuge einer rechtmäßigen Durchsuchung der Wohnung im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen den Mieter verursacht wurden, grundsätzlich ein Anspruch aus enteignendem Eingriff zu. Insofern erwies sich die Annahme des OLG, dass ein Vermieter grundsätzlich das Risiko von Sachschäden bei Ermittlungsmaßnahmen gegen seinen Mieter trägt, und insoweit von vornherein die Annahme eines entschädigungspflichtigen Sonderopfers ausscheide, als rechtsfehlerhaft.

Von dem Abverlangen eines Sonderopfers im öffentlichen Interesse und damit einem gleichheitswidrigen, entschädigungspflichtigen staatlichen Verhalten kann allerdings regelmäßig dann keine Rede sein, wenn sich der nachteilig Betroffene freiwillig in eine gefährliche Situation begeben hat, deren Folgen dann letztlich von ihm herbeigeführt und grundsätzlich selbst zu tragen sind. So darf der Eigentümer etwa nicht durch eigenes Verhalten, auch wenn dieses rechtlich erlaubt ist, einen vorher noch nicht vorhandenen Interessenkonflikt aktiviert haben. Hiermit ist der Fall der Vermietung aber regelmäßig nicht zu vergleichen. Die Vermietung und das den Polizeieinsatz auslösende strafbare Verhalten des Mieters stehen grundsätzlich völlig unabhängig und selbständig nebeneinander.

Anders kann die Situation allerdings dann zu bewerten sein, wenn der Vermieter weiß bzw. davon erfährt oder es sich ihm aufdrängen muss, dass die Wohnung für die Begehung von Straftaten, die Lagerung von Diebesgut oder - wie hier - von Drogen in nicht unerheblicher Menge benutzt wird oder werden soll, und er gleichwohl den Mietvertrag abschließt oder von einem Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht. In einem solchen Fall kann gegebenenfalls, wenn sich das Risiko weiterer strafbarer Handlungen verwirklicht und es im Zuge strafprozessualer Maßnahmen gegen den Mieter zu Schäden an der Wohnung kommt, davon gesprochen werden, dass sich der Vermieter freiwillig der Gefahr ausgesetzt hat. Das Berufungsgericht hat zu der im Tatbestand nur pauschal angesprochenen, dem Kläger bekannten "Verstrickung des Mieters in Drogendelikte" und zu der Frage, ob diese ein Recht zur Beendigung des Mietverhältnisses begründet hatte, keine näheren Feststellungen getroffen. Dies muss es nun nachholen.

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