24.03.2014

Zum besonders groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung beim Grundstückskauf

Ist die Klage auf § 138 BGB gestützt und wird insoweit ein grobes Missverhältnis behauptet, gibt der Kläger damit zu erkennen, dass er sich auf die tatsächliche Vermutung stützen will. Von einem besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, das ohne das Hinzutreten weiterer Umstände den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten erlaubt, kann bei Grundstückskaufverträgen grundsätzlich erst ab einer Verkehrswertüber oder -unterschreitung von 90% ausgegangen werden.

BGH 24.1.2014, V ZR 249/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte im Oktober 2006 gegenüber dem Beklagten ein notariell beurkundetes Angebot zum Kauf einer Eigentumswohnung nebst Tiefgaragenstellplatz für 118.000 € abgegeben. Der Beklagte, der die Wohnung zwei Monate zuvor für 53.000 € erworben hatte, nahm das Angebot an. Unter Berufung auf eine sittenwidrige Überhöhung des Kaufpreises forderte der Kläger den Beklagten daraufhin zur Rückabwicklung des Vertrages auf und machte zudem Schadenersatz geltend.

LG und OLG wiesen die Klage ab. Das Berufungsgericht ging von einem Verkehrswert der Wohnung i.H.v. 65.000 € aus. Ein vom Kläger nachträglich eingeholtes Privatgutachten schätzte den Wert hingegen auf 61.000 €. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Gründe:
Ausgehend von einem besonders groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung hatte das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft angenommen, der Kläger habe zu den subjektiven Voraussetzungen des wucherähnliches Rechtsgeschäfts nach § 138 Abs. 1 BGB nicht ausreichend vorgetragen.

Die bei Vorliegen eines besonders groben Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung bestehende Vermutung für das Vorliegen einer verwerflichen Gesinnung befreit die nachteilig betroffene Vertragspartei zwar nicht von der Behauptungslast für das Vorliegen des subjektiven Merkmals eines wucherähnlichen Rechtsgeschäfts. An ihren Vortrag sind aber keine hohen Anforderungen zu stellen. Sie muss die verwerfliche Gesinnung der anderen Vertragspartei nicht ausdrücklich behaupten; es genügt, wenn aus dem Kontext mit dem Vortrag zu einem groben objektiven Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung ersichtlich ist, dass sich die davon benachteiligte Vertragspartei auf die daraus begründete Vermutung einer verwerflichen Gesinnung der anderen Vertragspartei beruft.

Ist die Klage auf § 138 BGB gestützt und wird insoweit ein grobes Missverhältnis behauptet, gibt der Kläger damit zu erkennen, dass er sich auf die tatsächliche Vermutung stützen will. So war es auch im vorliegenden Fall. Der Kläger hatte seine Klage mit der Sittenwidrigkeit des Kaufvertrages begründet. Darüber hinaus hatte er sich unter Hinweis auf die einschlägige Senatsrechtsprechung ausdrücklich auf die durch ein grobes objektives Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung begründete Vermutung einer verwerflichen Gesinnung der anderen Vertragspartei berufen. Eines weitergehenden Sachvortrages bedurfte es somit nicht. Infolgedessen konnte das angefochtene Urteil keinen Bestand haben.

Von einem besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, das ohne das Hinzutreten weiterer Umstände den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten erlaubt, kann bei Grundstückskaufverträgen grundsätzlich erst ab einer Verkehrswertüber oder -unterschreitung von 90% ausgegangen werden. Das lag bei den vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Wertverhältnissen von 118.000 € zu 65.000 € noch nicht vor. Das Gericht war aber - aus seiner Sicht folgerichtig - den vom Kläger unter Hinweis auf das nachträglich eingeholte Privatgutachten, das den Verkehrswert auf 61.000 € geschätzt hatte und damit zu einer für die Annahme eines besonders groben Missverhältnisses ausreichenden Überteuerung von 93 % gelangt war, erhobenen Einwendungen gegen die in dem Gerichtsgutachten vorgenommene Wertfeststellung nicht nachgegangen. Dies wird es nun nachzuholen haben.

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