06.01.2015

Zum Ersatz von Wildschaden bei unterlassener Schutzvorrichtung

Die Vorschrift § 32 Abs. 2 S. 1 BJagdG ist, soweit Wildschaden an Forstkulturen, die durch Einbringen anderer als der im Jagdbezirk vorkommenden Hauptholzarten einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt sind, nur bei Herstellung üblicher Schutzvorrichtungen ersetzt wird, nicht analog auf sog. Erstaufforstungen anwendbar, bei denen erstmals im Jagdbezirk ein Forstbestand geschaffen wird und deshalb keine Hauptholzart existiert. Es fehlt bereits an einer planwidrigen Regelungslücke.

BGH 4.12.2014, III ZR 61/14
Der Sachverhalt:
Die Beklagte ist Eigentümerin zweier Flurstücke. Diese liegen im gemeinschaftlichen Jagdbezirk F. Im März 2004 hatte die Jagdgenossenschaft F. das Jagdausübungsrecht in diesem Bezirk an den Kläger verpachtet. Dieser übernahm damit auch vertraglich den Ersatz von Wildschäden.

Im Februar 2009 zeigte die Beklagte der Stadt F. an, dass auf den vorbenannten Flurstücken an den dort einige Jahre zuvor auf ca. 38 Hektar angepflanzten Forstkulturen ein erheblicher Wildschaden eingetreten sei. Die Stadt beauftragte daraufhin einen Dipl.-Forstingenieur mit der Aufnahme des Schadens, der diesen auf über 40.000 € schätzte.

Der Kläger begehrte gerichtlich die Feststellung, dass er entgegen dem Vorbescheid der Stadt keinen Ersatz für Wildschäden zu leisten habe. Das AG wies die Klage ab; das LG gab ihr unter Aufhebung des Vorbescheids statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.

Gründe:
Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist § 32 Abs. 2 S. 1 BJagdG auf Erstaufforstungen nicht anwendbar.

Danach ist der Wildschaden, der u.a. - wie hier - an Forstkulturen, die durch Einbringen anderer als der im Jagdbezirk vorkommenden Hauptholzarten einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt sind, entsteht, vorbehaltlich abweichender - hier in nicht existierender - landesrechtlicher Bestimmungen nicht zu ersetzen, wenn die Herstellung von üblichen Schutzvorrichtungen unterblieben ist, die unter gewöhnlichen Umständen zur Abwendung des Schadens ausreichen. Insofern war das LG zutreffend davon ausgegangen, dass Erstaufforstungen in einem Jagdbezirk vom Wortlaut des Gesetzes nicht erfasst werden. Denn wird erstmals in einem Jagdbezirk eine Forstkultur angepflanzt und dadurch überhaupt erstmals ein Forstbestand geschaffen, existiert keine Hauptholzart, von der die neu eingebrachte Forstkultur abweichen kann.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lagen jedoch die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 32 Abs. 2 S. 1 BJagdG nicht vor. Es ließ sich bereits nicht feststellen, dass eine planwidrige Regelungslücke vorlag. Die Frage des Wildschadensersatzes an Forstkulturen gehörte zu den zentralen Themen im Gesetzgebungsverfahren zum Bundesjagdgesetz. Die Entstehungsgeschichte verdeutlicht, dass sich der Gesetzgeber mit der Frage, ob und inwieweit Wildschäden an Forstkulturen auch bei Unterbleiben von ausreichenden Sicherungsmaßnahmen ersetzt werden soll, intensiv befasst hat. Er hat, obwohl Forstkulturen, d.h. junge Forstpflanzen generell für das Wild attraktiv sind, nur eine bestimmte Fallgruppe herausgegriffen. Angesichts dieser Beschränkung können nicht andere Fallgruppen, in denen nach richterlicher Auffassung ebenfalls eine erhöhte Gefährdung vorliegen soll, im Wege der Analogie in die gesetzliche Regelung einbezogen werden.

Infolgedessen ließ sich auch nicht im Hinblick auf die tatbestandlich andere Fallgruppe einer Erstaufforstung eine planwidrige Regelungslücke feststellen. Dem entsprach es im Übrigen, dass im Schrifttum häufig ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es sich bei den von § 32 Abs. 2 S. 1 BJagdG erfassten Sonderkulturen um eine abschließende Aufzählung handele. Der Senat konnte allerdings nicht in der Sache selbst entscheiden, weil das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig - keine Feststellungen zur Höhe des entstandenen Schadens getroffen hatte, was es nun nachholen muss.

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