13.09.2013

Zum Rückzahlungsanspruch nach Abwendung der Zwangsvollstreckung

Der Grundstückseigentümer, der zum Zwecke der Abwendung der Zwangsvollstreckung eine auf seinem Grundstück lastende, eine fremde Schuld sichernde Zwangssicherungshypothek ablöst, kann seine Leistung von dem Gläubiger im Wege einer Bereicherungsklage nur insoweit zurückverlangen, als der Vollstreckungsschuldner im Zeitpunkt der Ablösung mit der Vollstreckungsgegenklage selbst Einwendungen gegen den gesicherten Anspruch hätte vorbringen können.

BGH 5.7.2013, V ZR 141/12
Der Sachverhalt:
Die beklagte Bank hatte dem früheren Geschäftsführer der Klägerin und Vollstreckungsschuldner V. Darlehen in erheblichem Umfang gewährt. Zur Darlehenssicherung bestellte dieser in mehreren notariellen Urkunden an verschiedenen Grundstücken zugunsten der Beklagten Grundschulden, übernahm die persönliche Haftung dafür und unterwarf sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen. Seit dem Jahr 2000 betreibt die Beklagte aus fünf dieser notariellen Urkunden die Zwangsvollstreckung. Die Vollstreckungsgegenklage des V. wurde 2001 abgewiesen.

Zwischen März und Juni 2002 wurden zugunsten der Beklagten an dem von dem V. bewohnten Villengrundstück fünf Zwangssicherungshypotheken eingetragen. Im April 2002 verkaufte V. das Villengrundstück an die Klägerin. Diese wurde im Dezember 2004 verurteilt, wegen einer der Beklagten gegen den V. zustehenden Forderung i.H.v. 15 Mio. € die Zwangsvollstreckung in das Villengrundstück zu dulden. Auf dieser Grundlage erwirkte die Beklagte im Februar 2005 die Eintragung einer weiteren Sicherungshypothek an dem Grundstück. Wegen der Zwangssicherungshypothek betrieb die Beklagte seit Juli 2002 die Zwangsversteigerung des Villengrundstücks. Der Termin zur Zwangsversteigerung wurde auf den 18.1.2005 anberaumt. Am 13. und 31.1.2005 zahlte die Klägerin an die Beklagte zwei Beträge entsprechend der Valuta der Hypotheken nebst Zinsen. Die Beklagte verrechnete die Zahlungen mit der persönlichen Schuld des V. Das Grundstück wurde später in Vollstreckung der Sicherungshypothek zwangsversteigert; der Zuschlag wurde einem Dritten erteilt.

Die Klägerin verlangte von der Beklagten Rückzahlung von insgesamt rund 1,5 Mio. € nebst Verzugszinsen i.H.v. 8 %. Sie war der Ansicht, bei den von ihr geleisteten Zahlungen habe es sich teilweise um Zahlungen auf verjährte Zinsansprüche und teilweise auf durch Erfüllung erloschene Ansprüche der Beklagten gehandelt. Das LG gab der Klage statt; das OLG änderte das Urteil nur im Zinssatz dahingehend ab, dass der Klägerin nur Verzugszinsen i.H.v. 5 % zustanden. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH die Berufungsentscheidung auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Gründe:
Die Begründung des Berufungsgerichts konnte einen Rückzahlungsanspruch der Klägerin gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB bzw. § 813 Abs. 1 BGB nicht tragen.

Zahlt der Schuldner, um einer drohenden Zwangsvollstreckung zuvorzukommen, ist ein Rückforderungsanspruch gem. § 813 Abs. 1 S. 1 BGB zwar nicht durch § 214 Abs. 2 S. 1 BGB ausgeschlossen. Nach § 214 Abs. 2 S. 1 BGB kann das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete nicht zurückgefordert werden, auch wenn die Leistung in Unkenntnis der Verjährung bewirkt wurde. Diese Ausnahme von der Regel des § 813 Abs. 1 S. 1 BGB gilt aber nur, wenn der Schuldner die Leistung freiwillig erbracht hat. Wurde wegen einer verjährten Forderung vollstreckt, steht dem Schuldner ein Rückforderungsanspruch zu. So lag der Fall auch hier.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts konnte die Klägerin den geltend gemachten Rückzahlungsanspruch aber nicht auf solche Einwände stützen, mit denen der V. als Vollstreckungsschuldner gem. § 767 Abs. 2 u. 3 ZPO ausgeschlossen wäre. Durch den Erwerb des mit den Zwangssicherungshypotheken belasteten Grundstücks von V. war die Klägerin dessen dingliche Rechtsnachfolgerin geworden. Begehrt der Gläubiger der Sicherungshypothek gegenüber dem neuen Eigentümer aus dem dinglichen Recht die Duldung der Zwangsvollstreckung in das belastete Grundstück, stehen diesem nach BGH-Rechtsprechung gegen den titulierten Anspruch, der der Zwangshypothek zugrunde liegt, nur die Einwendungen zu, die sein Rechtsvorgänger gehabt hätte.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ergab sich aus § 1137 Abs. 2 BGB kein anderes Ergebnis. Danach verliert der Eigentümer, der nicht der persönliche Schuldner ist, eine Einrede nicht dadurch, dass der Schuldner auf sie verzichtet. Die Vorschrift betrifft das materielle Recht. Ob und welche materiell-rechtlichen Einwendungen der Grundstückseigentümer noch geltend machen kann, wenn der Gläubiger über einen vollstreckbaren Titel verfügt, der ihm die Vollstreckung aus der Hypothek gestattet, richtet sich demgegenüber nach prozessualen Vorschriften, insbesondere nach § 767 ZPO. Somit kam es hier darauf an, ob der Vollstreckungsschuldner in einer Vollstreckungsabwehrklage den Verjährungs- bzw. Erfüllungseinwand im Zeitpunkt der Zahlung der Klägerin noch hätte erheben können. Nur dann dürfte sich auch die Klägerin hierauf berufen.

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