10.12.2015

Zum Umfang des Einsichtsrechts von Wohnungseigentümern in das Grundbuch eines anderen Wohnungseigentümers

Wird eine im Grundbuch als Inhalt des Sondereigentums eingetragene Vereinbarung geändert, ist es zulässig, bei Eintragung in den Grundbuchvermerk eine schlagwortartige Bezeichnung der Änderung aufzunehmen. Betrifft die Eintragung ein Sondernutzungsrecht, so steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Grundbuchamtes, dieses Recht im Eintragungsvermerk als solches zu bezeichnen und dann auch das Beteiligungsverhältnis der mehreren Berechtigten im Grundbuch einzutragen.

OLG München 9.10.2015, 34 Wx 184/15
Der Sachverhalt:
Die Beteiligte ist seit 1989 Eigentümerin einer Wohnung in einer Wohnanlage mit insgesamt vier Einheiten. Sie vermutete, dass im Grundbuch die einer anderen Wohnung zugewiesenen Sondernutzungsrechte unzutreffend eingetragen und ihr dadurch im Zusammenhang mit der Veräußerung dieser Wohnung Nachteile entstanden waren. Infolgedessen begehrte die Beteiligte Einsicht in das betreffende Wohnungsgrundbuch sowie Einblick in die Urkunden, die Grundlage der Eigentumsübertragung waren, und außerdem Behebung des angenommenen Eintragungsmangels.

Das Grundbuchamt teilte mit, dass die erbetenen Auskünfte und eine Einsichtnahme in das Grundbuch sowie in die Grundakte der Wohnung wegen fehlenden berechtigten Interesses nicht gewährt werden könnten. Zur Darlegung ihres Interesses an der begehrten Einsicht verwies die Beteiligte auf die Sonderrechtsverbindung zum Eigentümer der anderen Wohneinheit im Hinblick auf die vertraglichen Vereinbarungen im Jahr 1989. Sie vermutete, die Eintragung im Grundbuch in der Form der Bezugnahme auf die Bewilligung aus 1989 habe die Verhältnisse nicht vollständig erfasst. Jedenfalls werde ihr der hälftige Anteil an den Sondernutzungsrechten streitig gemacht, wodurch sie bereits großen Schaden erlitten habe.

Das Grundbuchamt legte das Schreiben als Beschwerde aus und half dem Rechtsmittel insoweit ab, als es der Beteiligten einen beglaubigten Teilausdruck des Grundbuchs betreffend die Sondereigentumseinheit der anderen Wohneinheit überließ. Der weitergehenden Beschwerde half die Behörde nicht ab. Schließlich bestehe kein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme im begehrten Umfang.

Das OLG wies die Beschwerde der Beteiligten, soweit ihr das Grundbuchamt nicht schon abgeholfen hatte, zurück.

Die Gründe:
Die weitergehende Beschwerde blieb in der Sache ohne Erfolg.

Gem. § 12 Abs. 1, Abs. 3 GBO, § 1 WGV i.V.m. § 46 Abs. 1 GBV ist die Einsicht des (Wohnungs-)Grundbuchs und der Grundakten jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Ausreichend, aber auch erforderlich ist dafür, dass der Antragsteller ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse verfolgt. Ein berechtigtes Interesse der Beteiligten an Einsichtnahme über den bereits gewährten Umfang hinaus lag auf der Grundlage ihres Vorbringens nicht vor. Die Gründe dafür, weshalb ihr der im Jahr 1989 beurkundete Übergang von Sondernutzungsrechten streitig gemacht wurde, ließen sich nicht durch Einsicht in die der Beteiligten vorenthaltenen Informationen klären. Infolgedessen konnte ihr Interesse an einer Einsichtnahme auch nicht als berechtigt angesehen werden.

Über die Teilungserklärung und die Änderungsvereinbarung, auf welche die Eintragungen im Bestandsverzeichnis Bezug nehmen, verfügt die Beteiligte selbst, weshalb sie nicht in Unkenntnis über die Verlautbarungen des Grundbuchs betreffend die Sondernutzungsrechte der anderen Wohnung ist. Einer Einsichtnahme in das Grundbuch oder die Grundakte bedurfte es insoweit nicht. Auch ihre Vermutung, ihre Rechte könnten durch Vorgänge im Zusammenhang mit der Eigentumsübertragung beeinträchtigt worden sein, entbehrte einer tragfähigen Grundlage, weshalb eine "erweiterte" Grundbucheinsicht in die Urkunde über die Eigentumsübertragung nicht in Betracht kam.

Letztlich ist das Grundbuch auch nicht unrichtig. Denn wird eine im Grundbuch als Inhalt des Sondereigentums eingetragene Vereinbarung geändert, so ist es zulässig, bei Eintragung der Änderung in den Grundbuchvermerk im Interesse der Klarheit und Rechtssicherheit eine schlagwortartige Bezeichnung der Änderung aufzunehmen. Betrifft die Eintragung ein Sondernutzungsrecht, so steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Grundbuchamts, dieses Recht im Eintragungsvermerk als solches zu bezeichnen und dann auch das Beteiligungsverhältnis der mehreren Berechtigten im Grundbuch einzutragen. Verpflichtend ist dies jedoch nicht; das Grundbuchamt kann von einem solchen Vermerk auch absehen.

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