Zuordnung eines Betriebs für Zwecke der Investitionszulage
KurzbesprechungInvZulG 1999 § 2 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, § 5, § 6 Abs. 1 Satz 1
AO § 155 Abs. 4, § 164 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1, § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 170 Abs. 1, Abs. 3, § 171 Abs. 3a, Abs. 4 Satz 1, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2, Abs. 2 Satz 1
Die Steuerpflichtige betrieb ihr Unternehmen in den Streitjahren 2000 bis 2003 in der Rechtsform einer GbR; sie ist durch identitätswahrenden Rechtsformwechsel in eine OHG umgewandelt worden. Der Unternehmensgegenstand besteht in der Vermietung und Verpachtung von Geräten der Bauindustrie, deren Handel, die Produktion von Wasserbausteinen, Wildpflaster und Gabionensteinen sowie die Gewinnung und Aufbereitung von Schüttgütern (Herstellung von Mineralgemischen für den Straßenbau aus Zechsteinkalk bzw. Kalkstein). Letzteres erfolgt zum einen in S und B, wo Abfallprodukte des früheren Bergbaus (Halde) zu Schotter verarbeitet werden, und zum anderen im Tagebau F, in welchem die Schottergewinnung im Wesentlichen durch die Verarbeitung frisch abgebauten Materials erfolgt. Im Dezember 2003 und Januar 2004 wurden ca. 15 000 t Betonbruch aus dem Abriss von zwei Wohnblöcken in S nach F gebracht und dort im Jahr 2004 den Mineralgemischen zugesetzt. Die Steuerpflichtige betreibt zudem die Kiesgrube R. Alle Betriebsstätten befinden sich im Fördergebiet.
Streitig war nun, ob die Steuerpflichtige zum verarbeitenden Gewerbe zu rechnen ist und Anspruch auf eine entsprechende Investitionszulage hat. Der BFH hat dies verneint und entschieden, dass der Betrieb der Steuerpflichtigen zumindest ab 2004 dem nicht investitionszulagenbegünstigten Bereich "Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden" zuzuordnen war und damit der Bindungszeitraum von fünf Jahren für die Investitionen der Kalenderjahre 2002 und 2003 nicht eingehalten wurde.
Im Streitfall war das FA jedoch im Jahr 2008 nicht mehr berechtigt, den Bescheid über die Investitionszulage für das Kalenderjahr 2000 und für das Kalenderjahr 2001 noch zu ändern, da die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt des Erlasses des jeweiligen Änderungsbescheids bereits abgelaufen war.
Wird eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt (vgl. § 5 InvZulG 1999), so beginnt die vierjährige Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) grundsätzlich nach § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer bzw. der Anspruch entstanden ist. Die Frist für die Aufhebung oder Änderung einer Festsetzung der Investitionszulage beginnt nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag auf Investitionszulage gestellt worden ist (§ 170 Abs. 3 AO). Maßgebend für den Beginn der Frist nach § 170 Abs. 3 AO ist der Eingang des Antrages bei der Finanzbehörde. Die Regelung des § 170 Abs. 3 AO hat zur Folge, dass die Festsetzungsfrist für die erstmalige Festsetzung und diejenige für eine Aufhebung oder Änderung der ursprünglichen Festsetzung getrennt zu berechnen sind.
Die Festsetzungsfrist war daher im Streitfall bereits abgelaufen, als das FA den angefochtenen Änderungsbescheid über die Investitionszulage für das Kalenderjahr 2000 im Oktober 2008 erlassen hatte. Denn die vierjährige Festsetzungsfrist begann, weil der jeweilige Antrag für 2000 in 2001 und für 2001 in 2003gestellt worden war, mit Ablauf des Jahres 2001 bzw. 2003 und war daher in beiden Fällen im Jahr 2008, in dem die Änderungsbescheide ergangen sind, bereits abgelaufen. Der Beginn der Festsetzungsfrist war auch nicht nach § 175 Abs. 1 Satz 2 AO hinausgeschoben, da diese Regelung im Streitfall nicht zur Anwendung kam.
BFH, Urteil vom 18.5.2017, III R 20/14, veröffentlicht am 11.10.2017.