11.03.2014

Zur analogen Anwendung von § 25 Abs. 5 Alt. 2 WEG auf den gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft klagenden Wohnungseigentümer

Ein Wohnungseigentümer unterliegt in entsprechender Anwendung von § 25 Abs. 5 Alt. 2 WEG einem Stimmverbot, wenn er einen Rechtsstreit gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft führt und verfahrensbezogene Maßnahmen Gegenstand der Beschlussfassung sind. Hierunter fallen etwa Beschlüsse über die Einleitung des Rechtsstreits, die Art und Weise der Prozessführung und die Frage der verfahrensrechtlichen Beendigung.

BGH 6.12.2014, V ZR 85/13
Der Sachverhalt:
Die Parteien bildeten eine Wohnungseigentümergemeinschaft, die der Kläger zu 2) in einem Rechtsstreit auf Zahlung von rd. 30.000 € in Anspruch nahm. In einer Eigentümerversammlung im März 2008 wurde unter TOP 6 erörtert, wie von Seiten der Eigentümergemeinschaft auf die Klage zu reagieren sei.

Die Wohnungseigentümer beschlossen, den Kläger zu 2) "von dem Stimmrecht auszuschließen". Weiter beschlossen sie, sich gegen die Klage zu verteidigen und zur Durchsetzung ihrer Interessen einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Zudem wurde die Hausverwaltung beauftragt, dem Rechtsanwalt eine übliche Prozessvollmacht zu erteilen.

Die Klägerin zu 1), die zugleich als Vertreterin des Klägers zu 2) auftrat, stimmte jeweils mit nein. Die Nein-Stimme des Klägers zu 2) wurde im Hinblick auf den Stimmrechtsausschluss nicht gewertet. Die Kläger wollen den unter TOP 6 gefassten Beschluss für ungültig erklären und das Abstimmungsergebnis mit zwei Ja- und zwei Nein-Stimmen feststellen lassen.

AG und LG wiesen die Klage ab. Die Revision der Kläger hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Der Beschluss der Eigentümerversammlung zu TOP 6 ist mit dem vom Versammlungsleiter festgestellten und verkündeten Beschlussergebnis gefasst worden. Für den Antrag, sich gegen die Klage zu verteidigen und einen Rechtsanwalt zu bestellen, fand sich die nach § 21 Abs. 3 WEG erforderliche Mehrheit, weil der Kläger entsprechend § 25 Abs. 5 WEG von der Abstimmung ausgeschlossen war.

§ 25 Abs. 5 WEG enthält eine ausfüllungsbedürftige Lücke, da der Fall eines Rechtsstreits zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und einem Wohnungseigentümer nicht genannt wird. Die Vorschrift berücksichtigt nicht, dass auch die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband nach § 10 Abs. 6 WEG rechtsfähig ist und es damit wie hier zu Rechtsstreitigkeiten zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und einzelnen Wohnungseigentümern kommen kann. Hierbei handelt es sich um eine planwidrige Regelungslücke. Die Vorschrift des § 25 Abs. 5 WEG ist nach der Anerkennung der (Teil-)Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft und ihrer Normierung im WEG im März 2007 nicht an die neue Rechtslage angepasst worden. Die dadurch entstandene Lücke ist durch eine entsprechende Anwendung von § 25 Abs. 5 WEG zu schließen.

Zweck des in § 25 Abs. 5 WEG geregelten Stimmverbots ist es, zu verhindern, dass der Prozessgegner auf das Ob und Wie einer gegen ihn gerichteten Prozessführung Einfluss nehmen kann. Bei einer Mitwirkung des beklagten Wohnungseigentümers an der auf das Verfahren bezogenen Willensbildung auch auf Klägerseite bestünde die naheliegende Gefahr, dass eine sachgerechte Klärung der zur gerichtlichen Überprüfung gestellten Streitgegenstände erschwert oder gar verhindert würde. Daher scheidet eine Beteiligung an der Abstimmung über alle Beschlussgegenstände aus, die verfahrensbezogene Maßnahmen betreffen, worunter insbes. Beschlüsse über die Einleitung des Rechtsstreits, die Art und Weise der Prozessführung und die Frage der verfahrensrechtlichen Beendigung fallen.

Dieselbe Gefahr besteht, wenn sich in einem Rechtsstreit die Gemeinschaft und ein Wohnungseigentümer gegenüber stehen. Ein sachgerechter Grund, diesen Fall anders zu behandeln, als jenen, in dem die anderen Wohnungseigentümer Klage gegen einen Wohnungseigentümer erheben wollen, ist nicht ersichtlich. Das LG geht weiterhin rechtsfehlerfrei davon aus, dass auch ein Wohnungseigentümer, der als Kläger einen Rechtsstreit gegen die Eigentümergemeinschaft führt, einem Stimmverbot unterliegt, wenn es um die Willensbildung der Gemeinschaft über die zu ergreifenden verfahrensrechtlichen Maßnahmen geht.

Der Wortlaut des § 25 Abs. 5 Alt. 2 WEG deutet auf den ersten Blick zwar darauf hin, dass sich der von dem Stimmverbot betroffene Wohnungseigentümer in der Rolle des Beklagten oder des Antragsgegners befinden muss. Mit der redaktionellen Fassung der Vorschrift ist aber keine entsprechende Beschränkung des Anwendungsbereichs des Stimmverbots beabsichtigt gewesen. Dies belegen sowohl historische und systematische als auch teleologische Gesichtspunkte.

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