05.10.2012

Zur Auskunftspflicht bei illoyalen Vermögensminderungen

Nach der zu § 1379 Abs. 1 S. 1 BGB in der bis zum 31.8.2009 geltenden Fassung ergangenen BGH-Rechtsprechung erstreckt sich der Auskunftsanspruch nicht auf illoyale Vermögensminderungen, die nach § 1375 Abs. 2 BGB dem Endvermögen hinzuzurechnen sind. § 1379 BGB in der seit 1.9.2009 geltenden Fassung erstreckt die Auskunftspflicht auch auf illoyale Vermögensminderungen, wobei der Auskunftsberechtigte - wie bisher nach § 242 BGB - konkrete Tatsachen vortragen muss, die ein unter § 1375 Abs. 2 S. 1 BGB fallendes Handeln nahelegen.

BGH 15.8.2012, XII ZR 80/11
Der Sachverhalt:
Die Parteien hatten 1981 geheiratet. Im Sommer 2007 trennten sie sich. Der Antragsteller lebt in der Schweiz, die Antragsgegnerin, die sowohl die deutsche als auch die italienische Staatsangehörigkeit besitzt, lebt in Italien. Der Scheidungsantrag wurde der Antragsgegnerin im Juni 2009 zugestellt. Das AG wies den in der seit Januar 2010 anhängigen Folgesache gestellten Auskunftsantrag der Antragsgegnerin ab, weil der Ehemann Auskunft über den Bestand seines Endvermögens zum Stichtag erteilt habe und darüber hinaus keine weiteren Auskunftsansprüche der Ehefrau bestünden.

Das KG wies die Berufung, mit der die Antragsgegnerin die Auskunft auf den Verbleib eines dem Antragsteller im Jahr 2004 zugeflossenen Abfindungsbetrages von 1 Mio. € beschränkt hatte, zurück. Die hiergegen gerichtete und vom KG zugelassene Revision der Antragsgegnerin blieb allerdings erfolglos.

Die Gründe:
Das als "Revision" eingelegte Rechtsmittel war zwar zulässig. Allerdings hätte das KG gem. § 69 FamFG durch Beschluss entscheiden müssen, weshalb das als Revision bezeichnete Rechtsmittel als Rechtsbeschwerde zu behandeln war. Art. 111 Abs. 5 FGG-RG gilt auch für das Rechtsmittelverfahren, wenn die angefochtene Entscheidung (hier: ein Teilurteil) noch vor dem 1.9.2010 nach altem Verfahrensrecht ergangen ist. Hat das Rechtsmittelgericht - wie hier - fälschlicherweise durch Berufungsurteil entschieden und die Revision zugelassen, ist die eingelegte Revision i.S.d. Meistbegünstigung als Rechtsbeschwerde zu behandeln und hierüber im Beschlusswege zu entscheiden.

Das zulässige Rechtsmittel der Antragsgegnerin hatte allerdings in der Sache keinen Erfolg. Soweit das KG zu dem Ergebnis gelangt war, dass die Antragsgegnerin nach dem hier anzuwendenden § 1379 BGB in der seit dem 1.9.2009 geltenden Fassung nicht berechtigt ist, Auskunft über den Verbleib der im Jahr 2004 an den Antragsteller gezahlten Abfindung 1 Mio. € zu verlangen, war dies aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Nach der zu § 1379 Abs. 1 S. 1 BGB in der bis zum 31.8.2009 geltenden Fassung ergangenen BGH-Rechtsprechung erstreckt sich der Auskunftsanspruch nicht auf illoyale Vermögensminderungen, die nach § 1375 Abs. 2 BGB dem Endvermögen hinzuzurechnen sind. Ob bzw. unter welchen Voraussetzungen § 1379 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB in der ab 1.9.2009 geltenden Fassung (nF) auch einen Auskunftsanspruch über illoyale Vermögensminderungen enthält, ist wiederum streitig.

Der Senat folgt hierbei einer differenzierenden Auffassung, wonach sich die Auskunftspflicht nach § 1379 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB zwar auch auf illoyale Vermögensminderungen i.S.v. von § 1375 Abs. 2 S. 1 BGB als Berechnungselemente des Anfangs- bzw. Endvermögens erstreckt. Es jedoch - wie bislang zu § 242 BGB - eines Vortrages des Auskunftsberechtigten zu konkreten Tatsachen, die ein unter § 1375 Abs. 2 S. 1 BGB fallendes Handeln nahelegen, bedarf. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Auskunftsberechtigte - wie hier - nicht nur Auskunft für die Zeit nach der Trennung begehrt. Dafür, dass § 1379 Abs. 1 S. 1 BGB gegenüber der früheren Fassung eine erweiterte Auskunftspflicht umfasst, spricht bereits sein Wortlaut. Diese Auslegung wird auch von den Gesetzesmaterialien bestätigt.

Gemessen an den vorstehenden Anforderungen hielt die angefochtene Entscheidung einer rechtlichen Überprüfung stand. Das KG hat den Verdacht einer illoyalen Vermögensminderung bereits anhand des unstreitigen Parteivortrages entkräftet gesehen, so dass es an der Antragsgegnerin war, konkrete Anhaltspunkte für ein unter § 1375 Abs. 2 S. 1 BGB fallendes Verhalten darzulegen. Schließlich hatte das KG beanstandet, dass die Antragsgegnerin nicht erläutert habe, mit welchen finanziellen Mitteln sie ihre Wohnung in Italien gekauft und das dort von ihr betriebene Ladengeschäft eingerichtet habe. Damit ging es erkennbar davon aus, dass die finanziellen Mittel hierfür aus dem Vermögen des Antragstellers geflossen waren.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück