08.01.2013

Zur Beendigung des Mietvertrags über einen Garagenplatz wegen Untervermietung durch die Wohnungseigentümerin

Beschließen die Wohnungseigentümer Maßnahmen zur Beendigung eines zwischen der Gemeinschaft und einem ihrer Mitglieder geschlossenen Vertrages (hier: Miete eines Tiefgaragenplatzes), ist eine ordnungsgemäße Verwaltung nicht schon wegen eines möglichen Scheiterns der Maßnahmen zu verneinen. Dies ist erst dann der Fall, wenn für einen verständigen Wohnungseigentümer ohne weiteres ersichtlich ist, dass die Beendigung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen von vornherein nicht erreichbar ist.

BGH 30.11.2012, V ZR 234/11
Der Sachverhalt:
Die Parteien bilden die im Rubrum näher bezeichnete Wohnungseigentümergemeinschaft. Von dieser mietete die Klägerin einen im Gemeinschaftseigentum stehenden Tiefgaragenstellplatz, den sie seit März 2006 den Mietern einer ebenfalls in der Anlage befindlichen Eigentumswohnung untervermietet. Die Verwalterin, die hiervon im März 2006 in Kenntnis gesetzt wurde, forderte im Juni 2009 die Beendigung der Untervermietung und kündigte für den Fall der Fruchtlosigkeit die fristlose Kündigung des Mietvertrages an.

Mit Schreiben von Oktober 2009 erklärte ein von der Verwalterin beauftragter Rechtsanwalt namens der Wohnungseigentümergemeinschaft unter Berufung auf "die unerlaubte Weitervermietung" die fristlose und hilfsweise die fristgemäße Kündigung des Mietvertrages zum 31.1.2010. Dem Kündigungsschreiben beigefügt waren eine dem Anwalt von der Verwalterin namens der Wohnungseigentümergemeinschaft erteilte Vollmacht vom 29.10.2009 sowie eine von einem Mitglied des Verwaltungsbeirats am 11.7.2002 unterzeichnete Vollmachtsurkunde, nach der die Verwalterin u.a. befugt ist, Verträge abzuschließen und zu kündigen sowie in einzelnen Angelegenheiten Untervollmachten zu erteilen.

Die Klägerin wies die Kündigung mit der Begründung zurück, es werde die Legitimation der Verwalterin bestritten, derartige Ansprüche geltend zu machen. Durch auf der Eigentümerversammlung von Mai 2010 gefassten Mehrheitsbeschluss genehmigten die Wohnungseigentümer die Kündigung von Oktober 2009 und ermächtigten die Verwalterin, einen Räumungsanspruch "erforderlichenfalls" gerichtlich geltend zu machen.

AG und LG wiesen die gegen diesen Beschluss gerichtete Beschlussmängelklage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.

Die Gründe:
Zutreffend ist das OLG zunächst davon ausgegangen, dass die Einberufung der Eigentümerversammlung den formalen Anforderungen des § 23 Abs. 2 WEG genügte und dass die als Vertreter bestimmter Wohnungseigentümer aufgetretenen Personen zur Abstimmung bevollmächtigt waren. Nichtigkeitsgründe sind nicht ersichtlich. Auch Anfechtungsgründe greifen nicht durch. Das mit dem Beschluss verfolgte Anliegen geht bei der gebotenen nächstliegenden Auslegung dahin, dass das Mietverhältnis mit der Klägerin wegen der Untervermietung beendet werden soll. Das kommt dadurch zum Ausdruck, dass die bisher getroffenen Maßnahmen gebilligt und zur Durchsetzung dieses Anliegens auch für die Zukunft die erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden sollen, wie die der Verwalterin erteilte "Ermächtigung" belegt, einen Räumungsanspruch "erforderlichenfalls" auch gerichtlich durchzusetzen.

Aus der Sicht eines verständigen Wohnungseigentümers steht nicht die (vorsorgliche) Genehmigung der Kündigung im Vordergrund, sondern das generelle Anliegen, das mit der Klägerin bestehende Mietverhältnis zu beenden und die daraus resultierenden Ansprüche durchzusetzen. Die hierzu geeignet erscheinenden Mittel sollen eingesetzt werden. Eine Beschränkung auf bestimmte juristische Mittel zur Zielerreichung ist ersichtlich nicht gewollt. Ein solches Vorgehen entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung. Vorliegend hat die Klägerin den Stellplatz rechtswidrig untervermietet (§ 540 Abs. 1 S. 1 BGB). Dass die Wohnungseigentümer dies zum Anlass nehmen, den zwischen der Klägerin und dem Verband geschlossenen Mietvertrag zu beenden, ist ebenso wenig zu beanstanden wie die vorsorgliche Genehmigung der durch den beauftragten Rechtsanwalt erklärten Kündigung.

Eine ordnungsgemäße Verwaltung ist allerdings dann zu verneinen, wenn für einen verständigen Wohnungseigentümer ohne weiteres ersichtlich ist, dass das mit der Beschlussfassung anvisierte Ziel aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen von vornherein nicht erreichbar ist. Davon kann hier keine Rede sein. Das gilt insbes. für die höchstrichterlich noch nicht geklärte Problematik, ob und ggf. mit welchen Folgen die vollmachtlose Kündigung eines Mietvertrages nach § 180 S. 2 BGB genehmigungsfähig ist, und für die Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Vorschrift des § 545 BGB bei einer Untervermietung zur Anwendung gelangt.

Mit Erfolg verweist die Revision jedoch auf das Vorbringen in der Klageschrift, wonach zumindest ein weiteres Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft einen ihm überlassenen Stellplatz ebenfalls untervermietet hat und dies - anders als hier - nicht moniert worden ist. Das Vorbringen ist entscheidungserheblich. Zwar liegt es zumindest grundsätzlich im Gestaltungsspielraum der Wohnungseigentümer, ob sie eine rechtswidrige Untervermietung von Gemeinschaftseigentum zum Anlass nehmen, dies zu beanstanden und das Vertragsverhältnis mit dem Hauptmieter nach fruchtloser Abmahnung zu kündigen. Der insbes. bei Mehrheitsbeschlüssen zum Tragen kommende Gleichbehandlungsgrundsatz lässt Differenzierungen jedoch nur zu, wenn dafür ein ausreichender Sachgrund besteht. Ist ein solcher nicht ersichtlich, muss für eine Gleichbehandlung der Wohnungseigentümer - ggf. auch bei einer erneuten Kündigung - Sorge getragen werden.

Das OLG wird im zweiten Rechtsgang die erforderlichen Feststellungen zur Frage der Gleichbehandlung zu treffen haben (§ 563 Abs. 1 S. 1 ZPO).

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