04.10.2011

Zur Erlaubnispflichtigkeit von Behandlungen nach der sog. Synergetik-Methode

Für die Strafvorschrift des § 5 HeilprG reicht es aus, wenn die angewandte Therapieform im konkreten Fall generell geeignet ist, die Gesundheit des Patienten nennenswert zu schädigen. Ob sich eine potentielle Gesundheitsgefährdung in einzelnen Fällen auch konkretisiert oder gar realisiert hat, ist demgegenüber nur für das Strafmaß bedeutsam.

BGH 22.6.2011, 2 StR 580/10
Der Sachverhalt:
Nach Feststellungen des LG führte die Angeklagte in ihrer Wohnung Behandlungen nach der sog. Synergetik-Methode durch. Danach werden bei den Klienten in Tiefenentspannung innere Bilder bearbeitet. Hierdurch sollen unverarbeitete Erlebnisse und Konflikte aufgearbeitet und eine Selbstheilung von Krankheiten ermöglicht werden. Um Kunden zu werben, wandte sich die Angeklagte mit einer eigenen Internetseite und Flyern u.a. an Menschen mit Ängsten, Depressionen, Traumata und anderen psychischen Problemen.

Bei den Therapiesitzungen gelangten die Klienten in einen Zustand hypnoid verminderten Bewusstseins und erlebten Gedächtnisbilder, die sie der Angeklagten mit den damit zusammenhängenden Gefühlen beschrieben. Während der mitunter von Affektzuständen begleiteten Behandlung wurden die Klienten teilweise mit belastenden Erinnerungen konfrontiert. Eine Besprechung zwischen der Angeklagten und den Klienten über das zuvor Erlebte fand im Einzelnen nicht statt.

Für ihre Behandlungen, die die Angeklagte auch zu Heilzwecken ausüben wollte besaß sie keine Erlaubnis nach dem HeilprG. Hierauf wies sie ihre Klienten, auch durch in ihren Räumlichkeiten aufgehängte schriftliche Hinweise, ausdrücklich hin. Sie wies etwa darauf hin, dass die "Synergetik"-Methode kein anerkanntes Heilverfahren sei und dass Klienten mit ernsthaften Erkrankungen sich zusätzlich in ärztliche Behandlung begeben sollten.

Zwar war bei keiner der elf Personen durch die Behandlung, die in ihrer Wirkung einer konfrontativen Psychotherapie entsprach, nachweisbare gesundheitliche Schäden verursacht worden. Allerdings erachtete das LG zumindest die Gefahr einer Gesundheitsbeschädigung für wahrscheinlich und verurteilte die Angeklagte wegen unerlaubter Ausübung der Heilkunde in elf Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen und sprach sie in weiteren 20 Fällen frei. Die hiergegen gerichtete Revision der Angeklagten blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Das Urteil des LG war im Schuld- und Strafausspruch nicht zu beanstanden.

Was den Begriff "Ausübung der Heilkunde" betraf, konnte auf die Rechtsprechung des BVerwG, wonach der Begriff einschränkend dahingehend auszulegen ist, dass unter die strafbewehrte Erlaubnispflicht nach § 1 Abs. 1 HeilprG nur solche Behandlungen fallen, die zu gesundheitlichen Schäden führen können, zurückgegriffen werden. Infolgedessen reicht es für die Strafvorschrift des § 5 HeilprG aus, wenn die angewandte Therapieform im konkreten Fall generell geeignet ist, die Gesundheit des Patienten nennenswert zu schädigen. Ob sich eine potentielle Gesundheitsgefährdung in einzelnen Fällen auch konkretisiert oder gar realisiert hat, ist demgegenüber nur für das Strafmaß bedeutsam.

Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des LG war in allen der Verurteilung zugrunde liegenden Fällen eine unmittelbare Gesundheitsgefährdung hinlänglich wahrscheinlich. Diese ergab sich schon daraus, dass sich die Angeklagte bei keinem ihrer Patienten auch nur darum bemüht hatte, vor Aufnahme der Behandlung eine mögliche Kontraindikation aufzuklären, die insbesondere bei bestimmten psychischen Vorerkrankungen gegeben ist. Sie verfügte auch nicht über eine Ausbildung, die es ihr ermöglicht hätte, entsprechende Gefahrenlagen zu erkennen oder auf möglicherweise auftretende konkret gefährliche Lagen (Dekompensationen) angemessen zu reagieren.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 154 vom 4.10.2011
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