06.09.2011

Zur Frage der Erstattungsfähigkeit von Kosten mehrerer Beklagter in einem Anfechtungsverfahren nach WEG

Zwar sind Wohnungseigentümern nach § 50 WEG zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung als notwendige Kosten nur die Kosten eines bevollmächtigten Rechtsanwalts zu erstatten, wenn nicht aus Gründen, die mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängen, eine Vertretung durch mehrere Anwälte geboten war. Ist einem Wohnungseigentümer, der einen eigenen Anwalt mandatiert, allerdings nicht Gelegenheit gegeben worden, sich an der Willensbildung zu beteiligen, ist der Kostenerstattungsanspruch zu quoteln.

BGH 14.7.2011, V ZB 171/10
Der Sachverhalt:
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Gegen die auf der Wohnungseigentümerversammlung vom  September 2007 beschlossene Entlastung des Verwalters hatten die Kläger Anfechtungsklage erhoben. Daraufhin beauftragen die Beklagten zu 1) bis 11) einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten mit ihrer Rechtsverteidigung. Der Beklagte zu 12), ein Rechtsanwalt, nahm seine Interessen selbst wahr. Er verwies darauf, dass er eine andere Rechtsauffassung vertrete als die übrigen Beklagten.

Die Klage hatte letztlich keinen Erfolg. Die Kosten des Rechtsstreits mussten die beiden Kläger je zur Hälfte tragen. Das AG hat daraufhin auf Antrag der Beklagten zu 1) bis 11) die "an die Beklagten" zu erstattenden Kosten der ersten Instanz auf 3.483 € und die des Berufungsverfahrens auf 3.713 € festgesetzt. Den Antrag des Beklagten zu 12) auf Festsetzung von Kosten i.H.v. 3.463 € wies es zurück. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde sowie die zugelassene Rechtsbeschwerde blieben erfolglos.

Die Gründe:
Das Beschwerdegericht ging zu Recht davon aus, dass eine Vertretung der beklagten Wohnungseigentümer durch mehrere Anwälte nicht geboten war.

Nach § 50 WEG sind Wohnungseigentümern zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung als notwendige Kosten nur die Kosten eines bevollmächtigten Rechtsanwalts zu erstatten, wenn nicht aus Gründen, die mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängen, eine Vertretung durch mehrere bevollmächtigte Rechtsanwälte geboten war. Solche Gründe lagen hier allerdings nicht vor. Soweit der Beklagte zu 12) geltend machte, er habe eine andere Rechtsauffassung vertreten als die übrigen Beklagten, war nicht ersichtlich, warum ein gemeinsam beauftragter Prozessbevollmächtigter nicht auch seine Rechtsauffassung zur Geltung hätte bringen können, und sei es auch nur für ihn.

Entgegen der Auffassung des Beklagten zu 12) ist die Vorschrift des § 50 WEG unter dem Blickwinkel eines Eingriffs in die Privatautonomie verfassungsrechtlich unbedenklich. Es soll gewährleistet werden, dass Wohnungseigentümer nicht wegen der Befürchtung von einer Klageerhebung Abstand nehmen, im Unterliegensfalle Kosten für eine Vielzahl von Rechtsanwälten erstatten zu müssen. Andererseits bleibt es jedem Wohnungseigentümer unbenommen, seine Interessen durch einen Anwalt seiner Wahl wahrnehmen zu lassen. Dass er dies nach § 50 WEG je nach Sachlage ganz oder teilweise auf eigene Kosten tun muss, stellt eine zur Erreichung des gesetzgeberischen Anliegens geeignete und verhältnismäßige Regelung dar.

Ist einem Wohnungseigentümer, der einen eigenen Anwalt mandatiert oder sich - wie hier - selbst vertrat, allerdings nicht Gelegenheit gegeben worden, sich an der Willensbildung zu beteiligen, ist der Kostenerstattungsanspruch zu quoteln. Das gilt umso mehr, als nicht auszuschließen ist, dass eine Beteiligung sämtlicher beklagten Wohnungseigentümer an der Willensbildung dazu geführt hätte, dass der von der nicht beteiligten Minderheit favorisierte Rechtsanwalt - hier der Beklagte zu 12) - mandatiert worden wäre. Das hatte das Beschwerdegericht nicht hinreichend beachtet. Aufgrund der Besonderheiten des Falles war die Rechtsbeschwerde jedoch zur Endentscheidung reif, denn das LG hatte über sämtliche erstattungsfähigen Kosten bereits entschieden. Und auch der Beklagte zu 12) war durch diese Beschlüsse begünstigt worden.

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