28.02.2012

Zur Frage der Sittenwidrigkeit einer Treuhandabrede

Soll das Vermögen des Treugebers (hier: ein Sparguthaben) vor dem Sozialleistungsträger verheimlichen werden, obwohl der Treugeber nach objektiver Rechtslage gar nicht verpflichtet ist, den Betrag anzuzeigen, bewirkt dies keine Sittenwidrigkeit der Treuhandabrede. Wesentlich für die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB ist es, dass das Rechtsgeschäft seinem Gesamtcharakter nach sittenwidrig ist.

BGH 2.2.2012, III ZR 60/11
Der Sachverhalt:
Der Beklagte war der Lebensgefährte der im Jahr 2008 verstorbenen Großmutter des Klägers, die u.a. von diesem beerbt wurde. Sie hatte im Jahr 2006 ein Sparkonto bei einer Bank eingerichtet, worüber der Kläger nach ihrem Tod verfügen sollte, ohne dass das Sparguthaben in den Nachlass fiel. Die schenkweise Zuwendung seiner Großmutter hatte der Kläger im Zeitpunkt des Vertragsschlusses angenommen. Das Sparkonto wies beim Tod der Großmutter ein Guthaben von rund 10.767 € auf.

Der körperbehinderte Kläger absolvierte im Jahr 2006 eine behindertengerechte kaufmännische Ausbildung und erhielt während dieser Zeit von der BfA Leistungen nach dem SGB III und IX. Mit Rücksicht auf den Bezug der Sozialleistungen und die mögliche Pflicht, ein an den Kläger ausgezahltes Sparguthaben anzeigen zu müssen, ließen die Parteien das für den Kläger bestimmte Guthaben auf ein Konto des Beklagten überweisen und vereinbarten, dass dieser zu einer Verfügung hierüber nicht berechtigt sein sollte.

Mit der Klage begehrte der Kläger unter Berücksichtigung der vom Beklagten verauslagten Beerdigungskosten die Auskehrung des Restbetrags von 3.881 €. Der Beklagte erklärte hiergegen die Aufrechnung mit verschiedenen, gegen die Erben seiner Lebensgefährtin gerichteten Gegenforderungen.

AG und LG gaben der Klage statt. Die hiergegen zugelassene Revision des Beklagten blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Zu Recht hatten die Vorinstanzen in der Abrede der Parteien eine Treuhandvereinbarung gesehen, die den Beklagten nach § 667 BGB verpflichte, den nach zugestandener Verrechnung der Beerdigungskosten verbleibenden Restbetrag des Guthabens an den Kläger auszuzahlen.

Die Treuhandvereinbarung war nicht sittenwidrig, da der Kläger nach der objektiven Rechtslage nicht verpflichtet gewesen war, den geschenkten Geldbetrag gegenüber der BfA anzuzeigen. Wesentlich für die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB ist es, dass das Rechtsgeschäft seinem Gesamtcharakter nach sittenwidrig ist; eine sittlich zu beanstandende Gesinnung der einen oder beider Vertragsparteien genügt hierfür in der Regel nicht.

Richtig war auch die Versagung der Aufrechnung des Beklagten mit möglichen Ansprüchen gegen den Kläger als Miterben. Zwar besteht selbst bei einem wirksamen Treuhandverhältnis kein generelles Aufrechnungsverbot für den uneigennützigen Treuhänder hinsichtlich aller Gegenforderungen, die auf einem anderen Rechtsgrund beruhen (vgl. BGH-Urt. v. 4.3.1993, Az.: IX ZR 151/92). Dass das Berufungsgericht trotzdem ein Aufrechnungsverbot angenommen hatte, beruhte indes auf einer vertretbaren Würdigung der von ihm festgestellten Umstände. Dabei war vor allem hervorzuheben, dass die Treuhandabrede mit keinen Nachteilen für den beteiligten Sozialleistungsträger verbunden war.

Außerdem war es dem Beklagten als Treuhänder auch zumutbar, sich den Interessen des Klägers an der vorbehaltlosen Durchführung der Vereinbarung unterzuordnen. Schließlich hatte er gleichsinnig mit ihm zusammengewirkt und keine Bedenken gehabt, auf Vorschlag eines Mitarbeiters der Bank das Sparguthaben auf sein eigenes Konto einzahlen zu lassen. Es fehlte daher an einer inneren Rechtfertigung, ihm im Verhältnis zum Kläger eine Aufrechnung mit Gegenforderungen zu gestatten, die nicht aus dem Treuhandverhältnis herrühren.

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