24.05.2019

Zur Identität von Rechnungsaussteller und leistendem Unternehmer

Die für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug erforderliche Identität von Rechnungsaussteller und leistendem Unternehmer entspricht der Rechtsprechung des EuGH, der zufolge die Angabe der Anschrift, des Namens und der Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Rechnungsausstellers es ermöglichen soll, eine Verbindung zwischen einer bestimmten wirtschaftlichen Transaktion und dem Rechnungsaussteller herzustellen.

Kurzbesprechung
BFH v. 14.2.2019 - V R 47/16

GG Art. 103 Abs. 1
FGO § 96 Abs. 2, § 116 Abs. 3 Satz 3, § 118 Abs. 2
AO § 163, § 227
UStG § 14 Abs. 4, § 14a, § 15 Abs. 1
MwStSystRL Art. 167, Art. 178 Buchst. a, Art. 226 Nr. 5


Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt.

Die ausgestellte Rechnung muss den Anforderungen des § 14 Abs. 4 UStG entsprechen, insbesondere Angaben über den leistenden Unternehmer enthalten (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG). Der Abzug der in einer Rechnung oder Gutschrift ausgewiesenen Umsatzsteuer ist grundsätzlich nur zulässig, wenn Rechnungsaussteller und leistender Unternehmer identisch sind.

Nach der Rechtsprechung des EuGH unterliegt das Recht auf Vorsteuerabzug der Einhaltung sowohl materieller als auch formeller Anforderungen und Bedingungen. Zu den für die Geltendmachung des Vorsteuerabzugsrechts erforderlichen materiellen Voraussetzungen gehört, dass der Betroffene Steuerpflichtiger i.S. der MwStSystRL ist, dass die zur Begründung dieses Rechts angeführten Gegenstände oder Dienstleistungen vom Steuerpflichtigen auf einer nachfolgenden Umsatzstufe für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden und dass diese Gegenstände oder Dienstleistungen auf einer vorausgehenden Umsatzstufe von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden.

Nach Art. 178 Buchst. a MwStSystRL muss der Steuerpflichtige, um das Recht auf Vorsteuerabzug ausüben zu können, eine Rechnung besitzen, die die in Art. 226 MwStSystRL aufgeführten Angaben enthält. Allerdings erfordert das Grundprinzip der Neutralität der Mehrwertsteuer, dass der Vorsteuerabzug auch dann gewährt wird, wenn die materiellen Anforderungen erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Anforderungen nicht genügt hat.

Aus der gebotenen teleologischen Auslegung von Art. 226 MwStSystRL folgt, dass die Angaben, die eine Rechnung enthalten muss, es den Steuerverwaltungen ermöglichen sollen, die Entrichtung der geschuldeten Steuer und das Bestehen des Vorsteuerabzugsrechts zu kontrollieren. Das setzt die Identität zwischen leistendem Unternehmer und Rechnungsaussteller voraus.

Dies entspricht der Rechtsprechung des EuGH, der zufolge die Angabe der Anschrift, des Namens und der Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Rechnungsausstellers es ermöglichen soll, eine Verbindung zwischen einer bestimmten wirtschaftlichen Transaktion und einem konkreten Wirtschaftsteilnehmer, dem Rechnungsaussteller, herzustellen.

Im entschiedenen Streitfall war bei Zugrundelegung dieser Grundsätze dem Steuerpflichtigen der Vorsteuerabzug aus den in Rede stehenden Rechnungen zu versagen. Die Voraussetzungen des Rechts auf Vorsteuerabzug waren nicht erfüllt, weil es an der notwendigen Identität von leistendem Unternehmer und Rechnungsaussteller fehlt.

Im Streitfall stand fest, dass die Rechnungsaussteller die Lieferungen, aus denen der Steuerpflichtige den Vorsteuerabzug begehrt, nicht ausgeführt haben. Die Rechnungen vermögen deshalb nicht die erforderliche Verbindung zwischen einer bestimmten wirtschaftlichen Transaktion und den Rechnungsausstellern herzustellen.

Das FG hatte auch zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen, unter denen im Billigkeitsverfahren (§§ 163, 227 AO) der Vorsteuerabzug gewährt werden kann, nicht erfüllt sind. Denn im Streitfall fehlt jede Grundlage für einen derartigen Vertrauensschutz; insbesondere geht es nicht um den guten Glauben des Steuerpflichtigen an die Rechnungsangaben. Ihm waren die Umstände, aus denen das FG zu dem Ergebnis gelangt ist, dass nicht die Rechnungsaussteller, sondern ein Dritter die streitgegenständlichen Lieferungen ausgeführt hat, bekannt. Einen guten Glauben an bestimmte rechtliche Schlussfolgerungen gibt es nicht, dieser kann folglich auch nicht geschützt werden.

BFH, Urteil vom 14.2.2019, V R 47/16, veröffentlicht am 22.5.2019.
Verlag Dr. Otto Schmidt