12.06.2015

Zur Kostentragung bei Rücknahme des Antrags auf Durchführung einer Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren

Im Falle der Rücknahme des Antrags auf Durchführung einer Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren hat die Kosten dieses Verfahrens entsprechend § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO grundsätzlich der Antragsteller zu tragen. Der Kostenausspruch ist in diesem Fall jedenfalls dann dem Hauptsacheverfahren vorbehalten, wenn ein solches anhängig ist und dessen Parteien und Streitgegenstand mit denjenigen des selbständigen Beweisverfahrens identisch sind.

BGH 28.4.2015, VI ZB 36/14
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin unterzog sich beim Antragsgegner zu 2) in der von der Antragsgegnerin zu 1) betriebenen Klinik zwei plastisch-chirurgischen Operationen. Mit der Behauptung, beide Eingriffe seien infolge von Behandlungsfehlern des Antragsgegners zu 2) misslungen, stellte sie im Februar 2013 beim LG den Antrag auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens im selbständigen Beweisverfahren.

Das LG wies sie darauf hin, dass Bedenken bestünden, ob die von ihr gestellten Beweisfragen einem selbständigen Beweisverfahren zugänglich seien. Daraufhin ließ sie durch ihren Verfahrensbevollmächtigten erklären, nunmehr ins Hauptsacheverfahren überzugehen, und stellte die entsprechenden Klageanträge.

Das LG erlegte ihr daraufhin die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens auf. Ihre dagegen gerichtete sofortige Beschwerde, mit der sie begehrte, den landgerichtlichen Beschluss "ersatzlos aufzuheben", wies das OLG zurück. Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Der Rechtsbeschwerde bleibt der Erfolg entsprechend § 269 Abs. 5 S. 2 ZPO versagt.

Zutreffend rügt die Rechtsbeschwerde, dass der angefochtene Kostenbeschluss im selbständigen Beweisverfahren nicht hätte ergehen dürfen. Falle der Rücknahme des Antrags auf Durchführung einer Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren hat - was das OLG ebenfalls noch zutreffend erkannt hat - die Kosten dieses Verfahrens in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO grundsätzlich der Antragsteller zu tragen. Dies bedeutet aber nicht, dass diese Kostenfolge in jedem Fall noch im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens auszusprechen ist. Ist - wie hier - ein Hauptsacheverfahren anhängig und sind dessen Parteien und Streitgegenstand mit denjenigen des selbständigen Beweisverfahrens identisch, so ist auch dieser Kostenausspruch vielmehr dem Hauptsacheverfahren vorbehalten  und dort - ggf. unter Anwendung von § 96 ZPO - auch möglich.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist jedoch inzwischen entsprechend § 269 Abs. 5 S. 2 ZPO unzulässig geworden, so dass sie im Falle der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Entscheidung an das OLG (§ 577 Abs. 4 S. 1 ZPO) von diesem zwingend als unzulässig zu verwerfen wäre. Nach § 269 Abs. 5 S. 2 ZPO ist die Beschwerde gegen einen Beschluss nach § 269 Abs. 4 S. 1 ZPO unzulässig, wenn gegen den aufgrund dieses Beschlusses ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist. Die Vorschrift gilt entsprechend, wenn Beschwerdegegenstand nicht eine Kostengrundentscheidung nach einer Klagerücknahme, sondern eine Kostengrundentscheidung nach der Rücknahme eines Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens ist. Denn ein Grund, in diesem Fall zwar § 269 Abs. 3 S. 1, Abs. 4 und Abs. 5 S. 1 ZPO entsprechend anzuwenden, nicht aber § 269 Abs. 5 S. 2 ZPO, ist nicht ersichtlich.

Im Streitfall haben die Antragsgegner auf der Grundlage des angefochtenen landgerichtlichen Beschlusses einen zwischenzeitlich rechtskräftig gewordenen Kostenfestsetzungsbeschluss erwirkt. Die Voraussetzungen des § 269 Abs. 5 S. 2 ZPO sind mithin erfüllt. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde steht dem nicht entgegen, dass der Kostenfestsetzungsbeschluss erst erging und rechtskräftig wurde, nachdem die sofortige Beschwerde gegen den die Kostengrundentscheidung enthaltenden Beschluss des LG vom 8.1.2014 eingelegt worden war. Denn § 269 Abs. 5 S. 2 ZPO greift nicht nur dann, wenn bereits bei Einlegung der Beschwerde ein rechtskräftiger Kostenfestsetzungsbeschluss vorliegt, sondern auch dann, wenn dieser erst später ergeht und rechtskräftig wird.

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