18.12.2012

Zur Kündigung eines Kreuzfahrt-Reisevertrags wegen höherer Gewalt (hier: Flugverbot wegen Aschewolke)

Der Reisevertrag über eine Kreuzfahrt darf wegen höherer Gewalt gekündigt werden, wenn die Flugverbindungen zum Ausgangspunkt der Kreuzfahrt wegen eines behördlich angeordneten Flugverbots (hier: wegen der Aschewolke nach einem Vulkanausbruch) ausgefallen sind. Maßgeblich für das Kündigungsrecht ist insoweit, dass die individuelle Reise des Reisenden infolge bei Vertragsschluss nicht vorhersehbarer höherer Gewalt nicht stattfinden kann.

BGH 18.12.2012, X ZR 2/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger buchte über ein Reisebüro der Beklagten für sich und seine Ehefrau eine Karibikkreuzfahrt, die von der am Verfahren beteiligten Streithelferin veranstaltet wurde und am 19.4.2010 in Fort Lauderdale/USA beginnen sollte. Die Hin- und Rückflüge sowie weitere Leistungen buchte er gesondert. Im April 2010 wurde aufgrund der von dem isländischen Vulkan Eyjafjallajökull ausgestoßenen Aschewolke ein Flugverbot angeordnet. Der Kläger und seine Ehefrau konnten die gebuchten Flüge in die USA nicht antreten und deshalb an der Kreuzfahrt nicht teilnehmen.

Mit Schreiben vom 18.4.2010 kündigte der Kläger gegenüber der Reiseveranstalterin den Vertrag über die Kreuzfahrt wegen höherer Gewalt. Die Reiseveranstalterin verlangte Stornogebühren von 90 Prozent des Reisepreises, die die Beklagte an sie zahlte. Der Kläger verlangte von der Beklagten die Erstattung einer geleisteten Anzahlung. Die Beklagte forderte im Wege der Widerklage die Erstattung der an die Reiseveranstalterin gezahlten Stornogebühren.

Das AG gab der Klage statt und wies die Widerklage ab. Das LG wies die Klage ab und gab der Widerklage statt. Der Vertrag über die Kreuzfahrt sei kein Reisevertrag und könne deshalb nicht wegen höherer Gewalt gekündigt werden. Die Beklagte sei als Reisevermittlerin auch nicht verpflichtet gewesen, den Kläger darauf hinzuweisen, dass er das Risiko der Anreise trage und im Falle eines Flugausfalls wegen höherer Gewalt den Vertrag über die Kreuzfahrt nicht kostenfrei werde kündigen können. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil hinsichtlich der Widerklage auf und wies diese ab. Im Hinblick auf die Klage hatte die Revision dagegen keinen Erfolg.

Die Gründe:
Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung der geleisteten Anzahlung. Die Beklagte ihrerseits kann ebenso wenig die Erstattung der an die Reiseveranstalterin gezahlten Stornogebühren verlangen.

Bei dem Vertrag über die Teilnahme an der Kreuzfahrt handelt es sich um einen Reisevertrag i.S.d. § 651a BGB. Diesen hat der Kläger wirksam wegen höherer Gewalt gem. § 651j BGB gekündigt. Maßgeblich für das Kündigungsrecht ist, dass die individuelle Reise des Reisenden infolge bei Vertragsschluss nicht vorhersehbarer höherer Gewalt nicht stattfinden kann. Hier konnte die Kreuzfahrt als solche zwar durchgeführt werden, an ihr teilzunehmen war den Reisenden jedoch offensichtlich nicht möglich, zumindest aber erheblich erschwert.

Infolge der wirksamen Kündigung durch den Kläger hat die Reiseveranstalterin gem. § 651j Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 651e Abs. 3 S. 1 BGB den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis verloren. Die Beklagte kann deshalb vom Kläger keine Erstattung des an die Reiseveranstalterin gezahlten Betrages verlangen. Einen Anspruch auf Erstattung der Anzahlung kann der Kläger hingegen nicht gegen das beklagte Reisebüro, sondern allenfalls gegen die Reiseveranstalterin geltend machen.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
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BGH PM Nr. 212 vom 18.12.2012
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