08.04.2015

Zur ordnungsgemäßen Berufungsbegründung bei Klageabweisung allein wegen Verjährung

Wird die Klage allein aus dem Gesichtspunkt der Verjährung abgewiesen, reicht es grundsätzlich für eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung aus, dass der Kläger vorträgt, die aus einem bestimmten Unfallereignis geltend gemachten Schadensersatzansprüche seien nicht verjährt. In einem solchen Fall ist es nicht geboten, ausdrücklich noch einmal das gesamte erstinstanzliche Vorbringen zu den Voraussetzungen des verfolgten Klageanspruchs zu wiederholen.

BGH 10.3.2015, VI ZR 215/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls am 21.11.2009. Bei dem Unfall kollidierte der im Eigentum des Klägers stehende Pkw mit einem von dem Beklagten zu 2) gesteuerten, von der Beklagten zu 3) gehaltenen und bei der Beklagten zu 1) pflichtversicherten Pkw. Nach Behauptung des Klägers ist der Pkw der Beklagten zu 3) beim Überholen des klägerischen Fahrzeugs zu knapp vor diesem wieder eingeschert. Der Kläger macht Schadensersatz i.H.v. rd. 2.200 € geltend.

Das AG wies die Klage ab, weil etwaige Ansprüche verjährt seien. Das LG verwarf die Berufung des Klägers. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.

Die Gründe:
Das LG hat die in § 520 Abs. 3 S. 2 ZPO genannten Anforderungen an den Inhalt der Berufungsbegründung überspannt und hierdurch dem Kläger den Zugang zur Berufungsinstanz in unzulässiger Weise versagt.

Nach § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt. Die Berufungsbegründung muss sich also auf den konkreten Streitfall beziehen. Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen.

Nach diesen Grundsätzen hat das LG zu strenge Anforderungen an den Inhalt der Berufungsbegründung gestellt. Der Kläger hat - wie gefordert zugeschnitten auf den Streitfall und aus sich heraus verständlich - den vom AG für die Klageabweisung maßgeblichen Gesichtspunkt angegriffen, dass die Schadensersatzansprüche des Klägers aus dem Unfallereignis vom 21.11.2009 verjährt seien. Er hat dies näher ausgeführt und die Umstände mitgeteilt, die aus seiner Sicht das Urteil in Frage stellen. Für die Zulässigkeit der Berufung ist ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind.

Aus der Berufungsbegründung ergibt sich auch noch ausreichend, dass der Kläger Schadensersatzansprüche aus einem Unfallereignis vom 21.11.2009 geltend macht und der Auffassung ist, dass ihm solche Ansprüche zustehen. Nachdem das AG die Klage allein aus dem Gesichtspunkt der Verjährung abgewiesen und dementsprechend etwaige Ansprüche aus §§ 7 ff. StVG und § 823 BGB nicht geprüft hat, war es nicht geboten, ausdrücklich noch einmal das gesamte erstinstanzliche Vorbringen zu den Voraussetzungen des verfolgten Klageanspruchs zu wiederholen und auf diese Weise die Entscheidungserheblichkeit des Berufungsangriffs darzutun. Diese ergibt sich im Streitfall bereits daraus, dass eine inhaltliche Prüfung der geltend gemachten Schadensersatzansprüche nicht erfolgt und die Klage allein wegen Verjährung abgewiesen worden ist.

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