14.02.2020

Zur Spielvergnügungsteuer-Nachschau in Hamburg

Die Spielvergnügungsteuer-Nachschau nach dem Hamburgischen Spielvergnügungsteuergesetz (HmbSpVStG) ist ohne Anlass zulässig. Die Nachschau erlaubt dem Finanzamt die Auslesung der Daten von Spielgeräten mit Hilfe eigener Auslesegeräte sowie deren Speicherung. Die zeitnahe bauartbedingte Löschung des Datenspeichers im Spielgerät hindert die Auswertung der ausgelesenen Daten nicht. Inhaltliche Bedenken gegen die Ausleseergebnisse sind tatsächlich zu würdigen. Hat das Finanzamt den Spieleinsatz exakt ermittelt, ist der Ansatz der entsprechenden Bemessungsgrundlage keine Schätzung.

BFH v. 5.11.2019 - II R 15/17
Der Sachverhalt:
Die Klägerin betreibt eine Spielhalle mit Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeiten in Hamburg. Geschäftsführer der Komplementärin der Klägerin ist A. Die Anmeldung der Spielvergnügungsteuer gem. § 8 HmbSpVStG für den Streitzeitraum April 2012 ging im Mai 2012 beim Finanzamt ein. Die Klägerin erklärte einen Spieleinsatz gem. § 1 Abs. 3 HmbSpVStG und errechnete entsprechend Steuer. Die Daten speicherte sie extern. Daraufhin führte das Finanzamt eine Spielvergnügungsteuer-Nachschau durch. Mitarbeiter des Finanzamts schlossen ein dem Finanzamt gehörendes Auslesegerät an die jeweiligen Schnittstellen der insgesamt zehn Spielgeräte an. Nach den Feststellungen des FG wurden damit Daten auf das Auslesegerät überspielt und später mittels einer Software an einem PC-Arbeitsplatz des Finanzamts ausgedruckt. Auf Aufforderung des Finanzamts reichte die Klägerin im November 2012 u.a. für den Monat April 2012 Geräteausdrucke ein.

Seiner Auslesung hatte das Finanzamt entnommen, dass die Klägerin für das Gerät mit der Nr. XXX-1 nur für die Zeit ab dem 15.4.2012 einen Spieleinsatz erfasst habe, obwohl es seit dem 13.2.2012 in der Spielhalle aufgestellt gewesen sei. Ebenso habe die Klägerin im Falle eines Gerätetauschs für April 2012 nur das Tauschgerät mit der Nr. XXX-2 ab dem 19.4.2012 erfasst, nicht hingegen das ausgetauschte Gerät mit der Nr. XXX-3, das bis zum 19.4.2012 betrieben worden sei. Zudem habe die Auslesung für das Gerät XXX-4 einen Spieleinsatz für den April 2012 ergeben, obwohl es ausweislich der Anmeldung der Klägerin erst am 02.5.2012 in Betrieb genommen worden sein sollte. Im Übrigen waren die Ausdrucke der Klägerin und des Finanzamts hinsichtlich der Positionen "Nachfüllungen" und "Hopperinhalt" identisch. Bei den Positionen "Einwurf", "Auswurf" und "Saldo 2" betrugen die Werte in den Ausdrucken der Klägerin die Hälfte der Werte, die sich in den Ausdrucken des Finanzamts finden.

Während des Jahres 2013 leitete auf Betreiben des Finanzamts das dafür zuständige Finanzamt ein Strafverfahren gegen A wegen Verdachts der Hinterziehung von Spielvergnügungsteuer ein. Im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens hatte A Akteneinsicht. Das Finanzamt erachtete die von ihm selbst ausgedruckten Ausleseergebnisse für zutreffend und schätzte für diejenigen Zeiten/Geräte, für die es keine Ausleseergebnisse erzielt hatte, die Spieleinsätze in der Weise, dass es den späteren Tagesspieleinsatz auf die fehlenden Tage herunterbrach.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Nach § 1 Abs. 1 HmbSpVStG unterliegt der Steuer nach den Vorschriften der HmbSpVStG der Aufwand für die Nutzung von Spielgeräten i.S.v. Abs. 2, wenn der Aufwand in einem Spieleinsatz i.S.v. Abs. 3 besteht sowie der Aufstellort der Spielgeräte in Hamburg belegen und einer wenn auch begrenzten Öffentlichkeit zugänglich ist. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 HmbSpVStG sind Spielgeräte i.S.v. Abs. 1 die Spielgeräte mit Geld- oder Warengewinnmöglichkeit (§ 33c der GewO). § 1 Abs. 3 HmbSpVStG wiederum definiert als Spieleinsatz die Verwendung von Einkommen oder Vermögen durch den Spieler zur Erlangung des Spielvergnügens.

Im Streitfall ist die dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Bemessungsgrundlage nicht zu beanstanden. Die Auslesung im Rahmen der Nachschau war zulässig und rechtfertigt den Ansatz des dabei ermittelten sowie des für zwei Geräte hinzugeschätzten Spieleinsatzes.

Das Finanzamt war auch zur Änderung nach § 164 Abs. 2 Satz 1 AO befugt. Für die am 10.5.2012 bei dem Finanzamt eingegangene Steueranmeldung hatte die Klägerin die Steuer nach § 8 Abs. 1 Halbsatz 2 HmbSpVStG selbst zu berechnen. Die Anmeldung gilt gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 HmbSpVStG als unbefristete Steuerfestsetzung und steht gem. § 168 Satz 1 AO einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Der Umstand, dass § 8 Abs. 2 Satz 1 HmbSpVStG den Zusatz "unter Vorbehalt der Nachprüfung" nicht enthält, ist unschädlich. Die AO geht insoweit vor. Ungeachtet der Frage, ob er hierzu überhaupt befugt gewesen wäre, ist nicht davon auszugehen, dass der hamburgische Gesetzgeber allein mit dem Fortlassen der Klausel zur Nebenbestimmung etwas anderes hätte bestimmen wollen als die AO, zumal das HmbSpVStG auch im Übrigen keine Vorschriften über das Festsetzungsverfahren enthält.

Zu bejahen ist hier auch die Verfassungsmäßigkeit der Erhebung der Spielvergnügungsteuer nach Grund und Umfang. Es ist insoweit herauszustellen, dass auch § 11 HmbSpVStG betreffend die Nachschau keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. Letztlich ist auch kein Verstoß gegen Unionsrecht erkennbar.
BFH online
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