19.04.2012

Zur Vergütungspflicht des Auftraggebers für in Auftrag gegebene Reparaturen von durch Dritte vor Abnahme beschädigte Leistungen

Hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer entgeltlich die Reparatur solcher Leistungen in Auftrag gegeben, die dieser bereits erbracht hat und die von einem Drittunternehmen vor der Abnahme beschädigt worden sind, entfällt die Vergütungspflicht für diesen Auftrag nicht bereits deshalb, weil der Auftragnehmer möglicherweise noch die Vergütungsgefahr trug. Es muss vielmehr im Wege der Vertragsauslegung ermittelt werden, ob der Auftraggeber bereit war, trotz dieses Umstandes und unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände, eine Vergütungspflicht zu begründen.

BGH 8.3.2012, VII ZR 177/11
Der Sachverhalt:
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Werklohn für Ausbesserungsarbeiten an einem von ihr verlegten PVC-Boden in einem Seniorenzentrum. Mit Werkvertrag von Mai 2006 unter Einbeziehung der VOB/B wurde die Klägerin von der Beklagten mit der Verlegung von großflächigen PVC-Böden in dem mehrstöckigen Gebäude beauftragt. Nachdem die Klägerin vor der Verlegung auf Bedenken gegen die Restfeuchte des Estrichs hingewiesen hatte, entließ die Beklagte die Klägerin daraufhin aus der Gewährleistung für Blasen- und Beulenbildungen, die auf die zu hohe Estrichfeuchte zurückzuführen sind.

Am 28.6.2006 begann die Klägerin ihre Verlegungsarbeiten. Nach dem 3.7.2006 führte die Nebenintervenientin im Auftrag der Beklagten im Haus Endreinigungsarbeiten durch, wodurch jedenfalls das gesamte Obergeschoss kurzzeitig unter Wasser stand. In der Folge zeigten sich Blasenbildungen an dem PVC-Belag. Es lässt sich nicht mehr aufklären, inwieweit die Blasenbildungen auf die ohnehin vorhanden gewesene Estrichrestfeuchte und auf die Wasserbelastung durch die Endreinigung zurückzuführen sind.

Aufgrund eines zuvor vom Bauleiter der Beklagten erteilten Auftrags führte die Klägerin vom 15.9. bis 25.10.2006 Reparaturarbeiten an den verlegten Böden aus. Mit Schreiben vom 19.9.2006 bestätigte die Beklagte "die Beauftragung über die Reparaturarbeiten des Schadens am PVC-Belag am Bauvorhaben, welcher aufgrund der zu nassen Reinigung entstanden ist." Die Klägerin hat diese Arbeiten mit Rechnungen vom 19.10.2006 über rd. 18.600 € und vom 3.11.2006 über rd. 6.500 € nach Stundenlohn und Material abgerechnet.

LG und OLG gaben der Klage, mit der auch noch andere Ansprüche geltend gemacht worden sind, insoweit statt. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Vorinstanzen haben der Werklohnklage zu Recht stattgegeben.

Der Bauleiter der Beklagten hat mit der Klägerin eine mündliche Vereinbarung über die Abrechnung der Arbeiten zur Entfernung der Blasen am PVC geschlossen. Mit dem Schreiben vom 19.9.2006 hat die Beklagte die Genehmigung der vollmachtlosen Beauftragung erklärt, § 177 Abs. 1 BGB. Die Klägerin konnte aus ihrer Sicht die Genehmigung nur so verstehen, dass der Werkvertrag zu den mündlich mit dem Bauleiter zuvor vereinbarten Bedingungen zustande kommen sollte. Damit war die Abrechnung des Werklohns nach Stunden und Material vereinbart, und der Klägerin steht daher der Werklohn für die erbrachten Leistungen zu, § 631 Abs. 1 BGB.

Die Klägerin kann aufgrund der getroffenen Vereinbarung die vereinbarte Vergütung unabhängig davon verlangen, dass sie auch Leistungen erbracht hat, die sie aufgrund des bereits geschlossenen Vertrages möglicherweise bereits geschuldet hat. Es gibt Fälle, in denen zu prüfen ist, ob eine Vergütung für vereinbarte Werkleistungen deshalb zu versagen sein kann, weil der Auftragnehmer die Werkleistung bereits aufgrund eines bestehenden Vertrags schuldete. Aber auch unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen BGH-Rechtsprechung schuldet die Beklagte die vereinbarte Vergütung. Das ergibt die gebotene Auslegung der mit Schreiben vom 19.9.2006 bestätigten Vereinbarung.

Das Verhalten der Beklagten im Rahmen der Beauftragung im September 2006 ist dahin zu verstehen, dass sie bereit war, eine zusätzliche Vergütung für die Beseitigung der Wasserschäden ungeachtet des Umstandes zu zahlen, dass die Klägerin dazu möglicherweise ohnehin bereits verpflichtet gewesen sein könnte. Die Reparaturen betrafen den Schaden am PVC-Belag, welcher aufgrund der zu nassen Reinigung entstanden ist. Damit bezog sich der Auftrag an sich auf eine Leistung, die die Klägerin ohnehin schuldete. Denn sie trug noch die Leistungsgefahr, weil eine Abnahme noch nicht erfolgt war, § 644 Abs. 1 S. 1 BGB. Indem die Beklagte nicht von vornherein darauf bestand, dass die Klägerin den Schaden auf ihre Kosten beseitigt, sondern diese mit einer entgeltlichen Schadensbeseitigung beauftragte, begründete sie aus Sicht der Klägerin die Erwartung, die Beklagte werde sich wegen der durch die gesonderte Beauftragung entstandenen Kosten bei dem Reinigungsunternehmen schadlos halten.

Hinzu kommt, dass bei der Beauftragung im September 2006 schon klar sein musste, dass die Blasen im PVC-Belag unter Umständen auch auf die Restfeuchte des Estrichs zurückzuführen sein könnten, die Klägerin für diese Blasenbildung nicht verantwortlich war und nicht aufklärbar sein würde, inwieweit die Blasen auf die Estrichrestfeuchte oder die zusätzliche Wasserbelastung zurückzuführen sein würde. Diese Unaufklärbarkeit musste sich jedem Beteiligten aufdrängen, bewirkte doch die Wasserbelastung nichts anderes als eine zusätzliche Durchfeuchtung des Bodens und Belages.

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