17.01.2013

Zur Wirksamkeit eines Kaufvertrags zwischen einem Verbraucher und dem Strohmann eines Unternehmers zur Umgehung der Haftung beim Verbrauchsgüterkauf

Schiebt beim Verkauf einer beweglichen Sache an einen Verbraucher der Verkäufer, der Unternehmer ist, einen Verbraucher als Strohmann vor, um die Sache unter Ausschluss der Haftung für Mängel zu verkaufen, so ist der Kaufvertrag zwischen den Verbrauchern wirksam. Etwas anderes gilt dann, wenn die Voraussetzungen eines Scheingeschäfts (§ 117 BGB) vorliegen.

BGH 12.12.2012, VIII ZR 89/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger kaufte von der Beklagten mit Vertrag vom 4.12.2007 einen zehn Jahre alten Fiat 146L zum Preis von 1.700 € unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. Beide Parteien sind Verbraucher. Der Ehemann der Beklagten, der einen Kraftfahrzeughandel betreibt, hatte die Beklagte zur Unterzeichnung des Kaufvertrages veranlasst, um Sachmängelansprüche ausschließen zu können. Der Kaufvertrag enthält u.a. die Eintragung, dass das Fahrzeug zwei Vorbesitzer gehabt habe und die nächste Hauptuntersuchung im November 2009 anstehe.

Kurz nach der Übergabe des Fahrzeugs stellte sich heraus, dass die übergebenen Bescheinigungen vom 22.11.2007 über die durchgeführte Hauptuntersuchung und die Abgasuntersuchung gefälscht waren. Der Kläger erklärte aus diesem Grund mit Anwaltsschreiben vom 10.12.2008 die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung und mit Schreiben vom 7.4.2010 den Rücktritt vom Vertrag. Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen und außergerichtlichen Anwaltskosten.

Das AG gab der Klage statt; das LG wies sie ab. Die Revision des Klägers hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises.

Das LG hat einen vertraglichen Rückabwicklungsanspruch rechtsfehlerfrei mit der Begründung verneint, dass der vom Kläger erklärte Rücktritt vom Vertrag unwirksam ist, weil etwaige Sachmängelansprüche des Klägers gem. § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB verjährt sind. Dem Kläger steht auch kein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zu. Denn der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag ist wirksam zustande gekommen. Der Rechtsgrund für die Zahlung des Kaufpreises ist auch nicht nachträglich entfallen (§ 812 Abs. 1 S. 2 BGB).

Der zwischen dem Kläger und der Beklagten zustande gekommene Kaufvertrag ist kein Scheingeschäft i.S.d. § 117 Abs. 1 BGB. Nach dieser Bestimmung ist eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, nichtig, wenn sie mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben wird. Diese Voraussetzungen hat das LG nicht festgestellt. Es hat vielmehr rechtsfehlerfrei die Feststellung getroffen, dass die mit dem Kaufvertrag verbundenen Rechtsfolgen von beiden Parteien, insbes. auch vom Kläger, gewollt waren. Damit scheidet ein Scheingeschäft aus.

Daran ändert auch nichts, dass die Beklagte von ihrem Ehemann dazu veranlasst worden war, den Kaufvertrag abzuschließen, damit kein Verbrauchsgüterkauf vorliegt und die Sachmängelhaftung ausgeschlossen werden konnte. Das Vorschieben eines Strohmanns erfolgt im rechtsgeschäftlichen Verkehr nicht zum Schein. Vielmehr ist das Strohmann-Geschäft ernstlich gewollt, weil sonst der damit erstrebte wirtschaftliche Zweck nicht oder nicht in rechtsbeständiger Weise erreicht würde. Daher ist ein solches Geschäft nach ständiger Rechtsprechung des BGH für den Strohmann rechtlich bindend.

Etwas anderes käme nach § 117 Abs. 1 BGB nur dann in Betracht, wenn der Kläger Kenntnis davon gehabt hätte und damit einverstanden gewesen wäre, dass die Beklagte lediglich als "Strohmann" für ihren Ehemann aufgetreten ist. Dafür fehlt es jedoch, wie ausgeführt, an Feststellungen des LG. Übergangenen Sachvortrag hierzu zeigt die Revision nicht auf.

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