Zustimmungserfordernis bei Eintragung einer dinglichen Wertsicherungsklausel an Stelle einer Vormerkung im Erbbaugrundbuch?
BGH 9.6.2016, V ZB 61/15Die Beteiligte zu 2) ist Erbbauberechtigte; der Beteiligte zu 1) Eigentümer des Erbbaugrundstücks. In dem Erbbaurechtsvertrag aus 1993 ist die Eintragung einer Erbbauzinsreallast sowie einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Anpassung des Erbbauzinses vereinbart. Beide Vertragsparteien sollten grundsätzlich alle fünf Jahre eine Überprüfung des Erbbauzinses auf seine Angemessenheit verlangen können, wobei als Maßstab der Preisindex für die Lebenshaltung von 4-Personen-Haushalten von Arbeitern und Angestellten mit mittlerem Einkommen vereinbart wurde. Für den jeweiligen Grundstückseigentümer wurde zudem ein dingliches Vorkaufsrecht bestellt.
Der Vertrag wurde vollzogen. Das Erbbaurecht wurde mit dem Vorkaufsrecht, zwei beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten und zwei Grundschulden belastet. Die Erbbauzinsreallast und die Vormerkung gehen den anderen Belastungen des Erbbaurechts im Rang vor. In Ausübung des Anpassungsanspruchs wurden nachfolgend zwei weitere Erbbauzinsreallasten über Erhöhungsbeträge eingetragen. In § 1 eines 3. Nachtragsvertrags vereinbarten die Beteiligten eine weitere Erhöhung des jährlichen Erbbauzinses um 675 €. In § 2 nahmen sie eine Änderung der Wertsicherung vor, nach der mit Wirkung vom 1.4.2014 nach Ablauf von jeweils fünf Jahren eine automatische Anpassung des schuldrechtlichen und dinglichen Erbbauzinses von insgesamt rund 7.439 € nach dem Verbraucherpreisindex für Deutschland erfolgen soll.
Die Vertragsparteien waren sich einig, dass die eingetragene Vormerkung künftig den Rang des sich automatisch ändernden Erbbauzinses sichere. In § 3 des Nachtragsvertrags bewilligten die Parteien und beantragte der Beteiligte zu 1) die Eintragung eines weiteren Erbbauzinses von 675 € als selbständige Reallast sowie die Änderung der Vormerkung gem. der in § 2 vereinbarten Wertsicherungsklausel.
- Das Grundbuchamt machte die Eintragung der Wertsicherungsklausel von folgenden Voraussetzungen abhängig:
- der Löschung der eingetragenen Erbbauzinsreallasten,
- der Löschung der Vormerkung,
- der Neueintragung einer wertgesicherten Erbbauzinsreallast über den Gesamtbetrag an erster Rangstelle,
- der Beibringung von Rangrücktrittserklärungen des Beteiligten zu 1) für das Vorkaufsrecht sowie der Inhaber aller anderen im Erbbaugrundbuch eingetragenen nachrangigen dinglichen Rechte.
Das OLG hat auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) die Zwischenverfügung insoweit aufgehoben, als ihm aufgegeben worden war, unter Beantragung der Löschung der Einzelreallasten eine erstrangige Gesamtreallast zu beantragen. Die weitergehende Beschwerde hat es zurückgewiesen. Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1) hat der BGH den Beschluss des OLG in dem Umfang aufgehoben, als die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung zurückgewiesen worden war, soweit dieses dem Antragsteller die Löschung der in Abt. II Nr. 2 des im Beschlusseingang bezeichneten Erbbaugrundbuchs eingetragenen Vormerkung aufgegeben hatte. Das Grundbuchamt wurde angewiesen, den Eintragungsantrag nicht deshalb zurückzuweisen, weil nicht die Löschung der Vormerkung beantragt worden war.
Die Gründe:
Der angefochtene Beschluss war bereits im Ausgangspunkt fehlerhaft, weil sowohl die Zwischenverfügung des Grundbuchamts als auch die Entscheidung des Beschwerdegerichtes auf einem falschen Verständnis der gestellten Eintragungsanträge beruhten. Der Beteiligte zu 1) hatte nicht die Eintragung der Vereinbarungen über die Wertsicherung in § 2 des 3. Nachtragsvertrags beantragt, nach denen die einzelnen Reallasten und die Vormerkung zu einer neuen einheitlichen wertgesicherten Reallast zusammengeführt werden sollten. Bewilligt und beantragt waren nach § 3 des 3. Nachtragsvertrags allein die Eintragung einer weiteren nicht wertgesicherten Reallast sowie die Änderung der Vormerkung. Vor diesem Hintergrund war die auf die Löschung der Vormerkung zielende Zwischenverfügung unzulässig.
Die Zwischenverfügung war jedoch auch materiell-rechtlich zu beanstanden. Denn fehlt es - wie hier - an dem mit der Zwischenverfügung von dem Grundbuchamt geltend gemachten Eintragungshindernis, ist die angefochtene Zwischenverfügung ungerechtfertigt und unterliegt aus diesem Grund der Aufhebung. Die beantragte Eintragung bei der Vormerkung über die Änderung des Inhalts des gesicherten Anspruchs war gem. § 883 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 877 BGB inhaltlich zulässig. Soll eine Vormerkung, die für einen Anspruch auf Anpassung des Erbbauzinses durch Eintragung neuer Reallasten bestellt wurde, künftig den Anspruch sichern, eine wertgesicherte Erbbauzinsreallast zu bestellen, bedarf es der Eintragung der Änderung des Anspruchs in das Grundbuch, die entsprechend der für die Änderung des einzutragenden Rechts selbst geltenden Vorschrift vorzunehmen ist. Die Zwischenverfügung war demnach insoweit aufzuheben, als das Grundbuchamt die Vormerkung als Eintragungshindernis angesehen und deren Löschung angeregt hatte.
Ohne Erfolg wandte sich die Rechtsbeschwerde dagegen, dass das Beschwerdegericht die Zwischenverfügung mit dem Inhalt aufrechterhalten hatte, die Zustimmung der Inhaber der der Erbbauzinsreallast und der Sicherungsvormerkung nachrangigen dinglichen Rechte beizubringen. Zwar bestehen unterschiedliche Auffassungen zu der Frage, ob es der Zustimmung der Inhaber nachrangiger Rechte an dem Erbbaurecht bei der Umstellung einer schuldrechtlichen Wertsicherung auf eine wertgesicherte Erbbauzinsreallast auch bedarf, wenn - wie hier - der Anspruch auf Anpassung des Erbbauzinses durch eine den Rechten im Range vorgehende Vormerkung abgesichert ist. Der Senat entscheidet die Frage aber dahin, dass die Inhaber gleich- oder nachrangiger dinglicher Rechte am Erbbaurecht einer Änderung des Inhalts der Erbbauzinsreallast nicht zustimmen müssen, wenn sich aus der neuen (wertgesicherten) Erbbauzinsreallast kein höherer Erbbauzins als derjenige aus der bisherigen Reallast und dem durch die Vormerkung gesicherten Anspruch auf Anpassung des Erbbauzinses ergeben kann.
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