30.07.2012

Zweigstelle wird Anforderungen an örtlicher Wartezeit nicht gerecht

Ein Bewerber um ein Anwaltsnotariat, der in dem in Aussicht genommenen Amtsbereich nur eine Zweigstelle unterhält, die eigentlichen Grundlagen seiner Existenz aber am Hauptsitz seiner in einem anderen Amtsgerichtsbezirk gelegenen Kanzlei erwirtschaftet, erfüllt nicht das Erfordernis der örtlichen Wartezeit nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 BNotO a.F.. Es war nicht Sinn und Zweck des Wegfalls des Zweigstellenverbots, einem Rechtsanwalt allein durch den Betrieb von mehreren Kanzleien an verschiedenen Orten ohne Berücksichtigung eines Tätigkeitsschwerpunkts erweiterte Optionen für eine Notarstelle zu verschaffen.

BGH 5.3.2012, NotZ(Brfg)14/11
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte am 1.7.2010 im Amtsgerichtsbezirk B. auf eine ausgeschriebene Notarstelle beworben. Der Kläger ist seit 1987 als Rechtsanwalt zugelassen und übte seine Tätigkeit zunächst Ende 1990 in O. (Amtsgerichtsbezirk B.) aus, bevor er in den Amtsgerichtsbezirk G. wechselte. Nach Aufhebung des Zweigstellenverbots meldete der Kläger im August 2007 bei der Rechtsanwaltskammer Frankfurt a.M. unter Beibehaltung seiner Kanzlei in G. eine Kanzlei in O. an.

Der Kläger erhielt die ausgeschriebene Notarstelle nicht. Der Beklagte teilte ihm mit, dass seiner Bewerbung nicht entsprochen werden könne, weil er im Amtsgerichtsbezirk B. lediglich eine Zweigniederlassung in O. betreibe und somit nicht die Wartezeit des § 6 Abs. 2 Nr. 2 BNotO a.F. erfülle. Das OLG wies die hierauf erhobene Klage, den Bescheid des Beklagten aufzuheben und diesen zu verpflichten, die ausgeschriebene Notarstelle mit ihm zu besetzen, ab. Auch die Berufung des Klägers blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Der Kläger erfüllte bereits die örtliche Wartezeit nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 BNotO a.F. nicht.

Nach § 120 Abs. 1 BNotO findet auf das im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes zur Änderung der Bundesnotarordnung vom 2.4.2009 am 1.5.2011 noch nicht abgeschlossene Besetzungsverfahren § 6 BNotO in der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung Anwendung. Danach soll in der Regel als Anwaltsnotar nur bestellt werden, wer bei Ablauf der Bewerbungsfrist seit mindestens drei Jahren ohne Unterbrechung in dem in Aussicht genommenen Amtsbereich hauptberuflich als Anwalt tätig ist. Ausschlaggebend ist dabei nicht, wo ein Bewerber formell zugelassen ist, sondern wo er tatsächlich seine hauptberufliche Tätigkeit ausübt.

Zum einen soll der zukünftige Notar mit den Besonderheiten der örtlichen Verhältnisse vertraut sein, zum anderen muss ein Bewerber auch die erforderlichen wirtschaftlichen Grundlagen für die angestrebte Notariatspraxis gelegt haben, um seine persönliche Unabhängigkeit zu gewährleisten. Im Anwaltsnotariat wird das Notaramt nur im Nebenberuf ausgeübt. Es ist deshalb nicht zulässig, wenn die wirtschaftlichen Grundlagen des aufzubauenden Notariats in der Anwaltstätigkeit des Bewerbers liegen, die laufenden Mittel, die den künftigen Notariatsbetrieb sicherstellen sollen, aus dem Gebührenaufkommen zu entnehmen, das außerhalb des Amtsbereichs erwirtschaftet wird.

Der Kläger unterhält zwar seit August 2007 unter Beibehaltung seiner Kanzlei in G. eine Zweigstelle in O. Seine Kanzleigeschäfte führte er jedoch nahezu ausschließlich an seinem Kanzleisitz in G. aus. Auch die Tatsache, dass die Zweigstelle von Anfang an "schwarze Zahlen geschrieben" hat, änderte nichts daran. Soweit der Kläger meinte, der Gesetzgeber habe es nach Aufhebung des Zweigstellenverbots lediglich versäumt, § 6 Abs. 2 Nr. 2 BNotO a.F. entsprechend anzupassen, verkannte er, dass der Gesetzgeber durch die inhaltlich kaum geänderte Neufassung des § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BNotO zum Ausdruck gebracht hatte, an dem Erfordernis der örtlichen Wartezeit mit dem bisher verstandenen Inhalt festhalten zu wollen. Es war nicht Sinn und Zweck des Wegfalls des Zweigstellenverbots, einem Rechtsanwalt allein durch den Betrieb von mehreren Kanzleien an verschiedenen Orten ohne Berücksichtigung eines Tätigkeitsschwerpunkts erweiterte Optionen für eine Notarstelle zu verschaffen.

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