08.06.2017

Abkürzung des Arbeitsverhältnisses im gegenseitigen Einverständnis ist nicht ohne weiteres sachlich gerechtfertigt

Möchte ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis verkürzen, so rechtfertigt dies eine Befristung aus einem in seiner Person liegenden Grund. Auf einen solchen Wunsch kann aber nicht bereits dann geschlossen werden, wenn der Arbeitnehmer zwischen dem unveränderten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und einem Änderungsangebot auf Abschluss eines befristeten Vertrags mit besseren Konditionen frei wählen kann und sich für die zweite Option entscheidet.

BAG 18.1.2017, 7 AZR 236/15
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerinnen seit Februar 1987 zuletzt als "Leitende Führungskraft" beschäftigt. Arbeitsvertraglich war geregelt, dass das Arbeitsverhältnis spätestens mit Ablauf des Monats, in dem die Klägerin das 65. Lebensjahr vollendet, beendet ist.

Seit 2003 stellte die Rechtvorgängerin der Beklagten grds. nur noch "Leitende Führungskräfte" mit Befristung bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres ein. Den unbefristet bereits beschäftigten Leitenden Führungskräften machte sie das Angebot, mit Vollendung des 60. Lebensjahres auf Grundlage des sog. "Konzepts 60+" aus dem Arbeitsverhältnis auszutreten. Das "Konzept 60+" beinhaltete, eine neue Vertragslaufzeit bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres sowie einen garantierten fixen Einmalbetrag zur Überbrückung bis zur noch nicht fälligen gesetzlichen Rente.

Das Angebot zur Umstellung mit Ausschlussfrist bis zum 31.12.2005 wurde auch der Klägerin mit Schreiben vom August 2003 unterbreitet. Nach dem die Beklagte die Klägerin im September 2005 nochmals auf das Angebot und das Verstreichen der Ausschlussfrist hinwies, unterschrieb die Klägerin am 12.12.2005 das Angebot der Rechtsvorgängerin vom August 2003.

Die Klägerin erhob Klage vor dem Arbeitsgericht, um u.a. feststellen zu lassen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristungsvereinbarung vom 12.12.2005 zum 30.9.2013 geendet hat. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das LAG wiesen die Klage ab. Die Revision vor dem BAG hatte Erfolg.

Die Gründe:
Das Arbeitsverhältnis hat nicht aufgrund der im Änderungsvertrag vereinbarten Befristung am 30.9.2013 geendet.

Die Parteien haben keinen Aufhebungsvertrag geschlossen, da die Abrede nicht auf alsbaldige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtet ist, sondern auf die Beendigung in entfernter Zukunft von fast acht Jahren. Vielmehr war die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses beabsichtigt. Daher findet das TzBfG Anwendung.

Ein in der Person der Klägerin liegender Sachgrund i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG ist nicht gegeben. Die Befristung beruht nicht auf einen Wunsch der Klägerin. Nach ständiger Rechtsprechung des BAG kann der Wunsch des Arbeitnehmers nach einer Befristung zwar grds. ein Sachgrund i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG sein, aber allein aus der Unterzeichnung einer solchen Befristungsabrede kann nicht auf einen entsprechenden Wunsch geschlossen werden. Sonst würde ein Wunsch des Arbeitsnehmers praktisch immer vorliegen.

Es müssen vielmehr objektive Anhaltspunkte gegeben sein, die auf das Interesse des Arbeitnehmers an einer befristeten Anstellung schließen lassen, wie z.B. familiäre Umstände. Entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer sich auch beim Angebot eines unbefristeten Vertrags für eine Befristung entschieden hätte. Auch die Umstände, dass der Arbeitnehmer - wie im vorliegenden Fall - zwischen dem Fortbestand seines jetzigen Arbeitsvertrags und dem neuen befristeten Arbeitsvertrag frei wählen kann sowie dass der neue Änderungsvertrag günstigere Arbeitsbedingungen oder finanzielle Vergünstigungen enthält, stellen alleine keine Sachgründe für eine Befristung dar.

Die Initiative des Änderungsvertrags ging im Streitfall schließlich nicht von der Klägerin aus. Vielmehr verfolgten die Beklagte und deren Rechtsvorgängerinnen damit das Ziel, die Arbeitsverhältnisse generell mit Vollendung des 60. Lebensjahres zu beenden um Planungssicherheit zu schaffen. Die Befristung lag somit im überwiegenden Interesse der Beklagten. Auch der Umstand, dass eine zweijährige Annahmefrist für das Angebot bestand und die Klägerin so einen langen Überlegungs- und Beratungszeitraum hatte, vermag daran nichts zu ändern.

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