11.05.2015

Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts beschlossen - Höhere Hürden für die Kündigung bei Wiederheirat

Die Vollversammlung des Verbands der Diözesen Deutschlands (VDD) hat am 27.4.2015 eine Änderung der "Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse" (Grundordnung - GrO) beschlossen. Die Novelle betrifft sowohl das kollektive als auch das individuelle Arbeitsrecht und schränkt insbesondere das Recht zur Kündigung eines Mitarbeiters der katholischen Kirche und ihrer Einrichtungen bei Wiederheirat ein.

+++ Die wichtigsten Änderungen im Individualarbeitsrecht im Überblick:
  • Differenzierung bei den Loyalitätsanforderungen: Die Neufassung der Grundordnung unterscheidet zwischen Loyalitätsverstößen, die für alle Mitarbeiter gelten, und solchen, die nur von katholischen Mitarbeitern begangen werden können. Zu den schwerwiegenden Verstößen zählen z.B. das öffentliche Eintreten gegen tragende Grundsätze der katholischen Kirche (z.B. die Propagierung von Abtreibung oder von Fremdenhass), der Austritt aus der katholischen Kirche oder kirchenfeindliches Verhalten.
  • Wiederheirat als schwerwiegender Loyalitätsverstoß: Die erneute standesamtliche Heirat nach einer zivilen Scheidung ist zukünftig grds. nur noch dann als schwerwiegender Loyalitätsverstoß zu werten, wenn dieses Verhalten nach den konkreten Umständen objektiv geeignet ist, ein erhebliches Ärgernis in der Dienstgemeinschaft oder im beruflichen Wirkungskreis zu erregen und die Glaubwürdigkeit der Kirche zu beeinträchtigen. Dasselbe gilt für das Eingehen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft.
  • Kündigung wegen Wiederheirat: Eine Wiederheirat hat künftig nur noch in Ausnahmefällen Kündigungsrelevanz. Das ist z.B. der Fall, wenn objektive Gründe befürchten lassen, dass eine erneute standesamtliche Ehe oder eine eingetragene Lebenspartnerschaft sich störend auf die Zusammenarbeit in der Dienstgemeinschaft auswirkt. Bei einer Wiederverheiratung können sich solche Umstände zum Beispiel aus der beruflichen Stellung des Mitarbeiters ergeben, aus der Art und Weise, wie der geschieden wiederverheiratete Partner mit dem Scheitern der Ehe bzw. Wiederheirat in der Öffentlichkeit umgeht oder wie er seine gesetzlichen Verpflichtungen aus seiner ersten Ehe erfüllt. Notwendig ist eine Gesamtbeurteilung.
  • Erhöhte Loyalitätserwartungen bei bestimmten Berufsgruppen: Erhöhte Loyalitätserwartungen gelten für Mitarbeiter, die pastoral, katechetisch, aufgrund einer Missio canonica oder einer besonderen bischöflichen Beauftragung tätig sind. Ein schwerwiegender Loyalitätsverstoß ist bei diesen Personengruppen in jedem Fall geeignet, die Glaubwürdigkeit der Kirche zu beeinträchtigen. Insoweit bleibt es im Wesentlichen bei der bisherigen Rechtslage.

+++ Die wichtigsten Änderungen im kollektiven Arbeitsrecht im Überblick:

  • Beteiligung von Gewerkschaften: Gewerkschaften sollen in Zukunft am Zustandekommen kirchlicher Arbeitsvertragsbedingungen organisatorisch beteiligt werden (Art. 6 Abs. 3 GrO).

  • Zugangsrecht der Gewerkschaften: Gewerkschaftsbeauftragte erhalten künftig nach Art. 6 Abs. 2 GrO auch dann ein Zutrittsrecht zu kirchlichen Einrichtungen, wenn sie nicht im kirchlichen Dienst stehen, um innerhalb der Einrichtung für den Beitritt zu diesen Koalitionen zu werben, über deren Aufgabe zu informieren sowie Mitglieder zu betreuen.

+++ Der Hintergrund:
Die Grundordnung ist die wichtigste Rechtsquelle des Arbeitsrechts in der katholischen Kirche. Ihre zehn Artikel bilden die Grundpfeiler der kirchlichen Arbeitsrechtsverfassung.

Der aktuelle Beschluss der Bischofskonferenz hat allerdings nur empfehlenden Charakter. Daher bleibt abzuwarten, ob die Reformen in allen Diözesen umgesetzt werden.

+++ Linkhinweise:
Auf der Homepage der Deutschen Bischofskonferenz unter www.dbk.de finden Sie folgende Materialien zum Thema:

Deutsche Bischofskonferenz PM Nr. 72/2015 vom 5.5.2015
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