08.05.2017

Arbeitgeber müssen bei Widerspruch des Betriebsrats gegen Einstellung kein Zustimmungsersetzungsverfahren durchführen

Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung zur Einstellung eines Arbeitnehmers, ist der Arbeitgeber nicht zur Durchführung des Zustimmungsverfahrens gem. § 99 Abs. 4 BetrVG verpflichtet. Etwas anderes folgt auch nicht aus der vertraglichen Rücksichtnahmepflicht. Das schutzwürdige Interesse des Arbeitgebers, zu entscheiden, ob er von dem ihm zustehenden Antragsrecht Gebrauch machen und sich den Risiken eines gerichtlichen Verfahrens aussetzen möchte, muss nicht hinter den Interessen des Arbeitnehmers zurückstehen.

BAG 21.2.2017, 1 AZR 367/15
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist bei der Beklagten, die mehrere Spielbanken betreibt, seit Januar 2009 angestellt. Zunächst leitete er im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses den Bereich "Klassisches Spiel" in der Spielbank B. Zum 1.9.2008 versetzte ihn die Beklagte mit seinem Einverständnis unter Ausschluss der Beteiligung des Betriebsrats in die Spielbank D. Der Betriebsrat der Spielbank D leitete daraufhin im Mai 2009 ein Beschlussverfahren ein, um die Einstellung des Klägers aufzuheben.

Ab Ende März 2011 stellte die Beklagte den Kläger von seiner Arbeitsverpflichtung frei. Im Folgenden erhob der Kläger erfolgreich Kündigungsschutzklagen gegen mehrfach erfolgte Kündigungen und verlangte sodann seine Beschäftigung als Bereichsleiter. Die Beklagte stellte mit Schreiben vom 20.11.2013 beim Betriebsrat der Spielbank D einen Antrag auf Zustimmung zur Einstellung des Klägers. Der Betriebsrat lehnte diese jedoch unter Berufung auf den Zustimmungsverweigerungsgrund § 99 Abs. 2 Nr. 6 BetrVG ab. Nach zwischenzeitlichem Ruhen des Verfahrens vom Mai 2009 gab das Arbeitsgericht dem Antrag des Betriebsrats statt.

Der Kläger beantragte daraufhin vor dem Arbeitsgericht Dortmund, die Beklagte zu verurteilen, in Bezug auf das Zustimmungsersuchens vom 20.11.2013 das Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab; das LAG gab ihr statt. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hatte vor dem BAG Erfolg.

Die Gründe:
Die Beklagte ist nicht verpflichtet, ein Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG durchzuführen. Der Kläger hat hierauf keinen Anspruch - auch nicht aus der Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB. Gemäß § 241 Abs. 2 BGB ist zwar jede Arbeitsvertragspartei zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der anderen Partei zum Schutz und zur Förderung des Vertragszwecks verpflichtet; aber resultiert hieraus kein Anspruch auf Durchführung des Zustimmungsersetzungsverfahren.

Die Rücksichtnahmepflicht kann zwar ausnahmsweise soweit gehen, dass die eine Partei dazu verpflichtet ist, die Interessen des anderen Partei aktiv gegenüber Dritten wahrzunehmen. Jedoch fordert die Rücknahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB vom Arbeitgeber nicht, dass er seine eigenen schutzwürdigen Interessen hinter denen des Arbeitnehmers zurückstellt. Der Arbeitgeber ist daher grds. nicht dazu verpflichtet, das ihm zustehende Recht im Interesse des Arbeitnehmers einzufordern, wenn dies für ihn eine Gefahr durch ein gerichtliches Verfahren mit Verfahrens- und Kostenrisiken sowie nachfolgend etwaiger betrieblicher Konflikte begründet.

Der Arbeitgeber hat die schutzwürdige alleinige Entscheidungsfreiheit, ob er von seinem Antragsrecht nach § 99 Abs. 4 BetrVG Gebrauch machen und sich diesen Risiken aussetzen möchte oder nicht. Das berechtigte Interesse des Arbeitnehmers an seiner tatsächlichen Beschäftigung ist zudem nicht schutzlos, sondern es stehen andere Möglichkeiten zur Verwirklichung zur Verfügung, da ein bereits abgeschlossener Arbeitsvertrag auch ohne Zustimmung des Betriebsrats wirksam ist.

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