04.11.2019

Auch Fleischabfall-Fahrer werden durch das Arbeitszeitgesetz geschützt

Auch Kraftfahrer, die als Angestellte einer Fleischmehlfabrik Tierkadaver transportieren, unterfallen dem Arbeitszeitgesetz und dürfen deshalb grundsätzlich täglich nur acht Stunden arbeiten. Da der Senat mit dieser Ansicht von einer Entscheidung des BAG abweicht, wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zum BVerwG zugelassen.

OVG Münster 30.10.2019, 4 A 1334/17
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Betreiberin einer Fleischmehlfabrik. Einige bei ihr beschäftigte Arbeitnehmer bringen nicht zum Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte von den Anfallstellen, wie etwa Schlachthöfen, zur Fabrik der Klägerin. Nach zahlreichen Überschreitungen der maximal zulässigen Arbeitszeiten ihrer Kraftfahrer war gegen die Klägerin ein Bußgeldverfahren eingeleitet worden, das schließlich eingestellt wurde. Aufgrund dabei aufgekommener Zweifel an der Rechtslage begehrte die Klägerin anschließend beim VG die Feststellung, dass die Arbeitszeiten ihrer Kraftfahrer wegen des Vorrangs europäischer Regelungen nicht unter die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes fallen.

Das beklagte Land begehrte seinerseits die Feststellung, dass die Kraftfahrer höchstens acht Stunden täglich, ausnahmsweise maximal zehn Stunden täglich arbeiten dürfen. Das VG wies die Klage ab. Auch die Berufung der Klägerin vor dem OVG blieb ohne Erfolg. Allerdings wurde die Revision zum BVerwG zugelassen.

Die Gründe:
Die Anwendung des Arbeitszeitgesetzes auf die Kraftfahrer der Klägerin wird weder durch einen allgemeinen Vorrang der europäischen Vorgaben für die Lenk- und Ruhezeiten, noch durch eine nach europäischem Recht mögliche mitgliedstaatliche Ausnahme für Kraftfahrer, die tierische Abfälle befördern, ausgeschlossen. Vielmehr werden die unionsrechtlichen Mindestanforderungen an die Höchstarbeitszeit des Fahrpersonals, die im deutschen Arbeitszeitgesetz umgesetzt sind, durch unmittelbar anwendbare europäische Normen über Lenk- und Ruhezeiten von Kraftfahrern lediglich ergänzt. Denn eine im europäischen Recht den Mitgliedsstaaten eröffnete Möglichkeit zur Abweichung von Bestimmungen über Lenk- und Ruhezeiten der Kraftfahrer, die tierische Abfälle befördern, befreit nicht von der Einhaltung der nationalen Arbeitszeitregelungen.

Die tägliche Höchstarbeitszeit der Arbeitnehmer der Klägerin liegt nach dem deutschen Arbeitszeitgesetz bei grundsätzlich acht Stunden täglich; die wöchentliche Höchstarbeitszeit bei 48 Stunden, wobei das Arbeitszeitgesetz jeweils Verlängerungsmöglichkeiten eröffnet. Die allgemeinen Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes über die tägliche Höchstarbeitszeit wird nicht dadurch verdrängt, dass für Fahrpersonal gesetzliche Sonderregelungen über die wöchentliche Höchstarbeitszeit festgelegt sind.

Da der Senat mit dieser Ansicht von einer Entscheidung des BAG abweicht, wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zum BVerwG zugelassen.
 
OVG Münster Pressemitteilung vom 30.10.2019
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