17.11.2015

Bundesarbeitsministerium bringt Änderung des AÜG und weiterer Gesetze auf den Weg

Das Bundesarbeitsministerium hat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und weiterer Gesetze in die Ressortabstimmung gegeben. Kernpunkte des Referentenentwurfs sind die Einführung einer Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten, ein Anspruch der Leiharbeitnehmer auf Equal Pay nach neun Monaten und die gesetzliche Niederlegung von Abgrenzungskriterien zwischen Werk- und Dienstverträgen auf der einen und Arbeitsverträgen auf der anderen Seite. Die Neuregelungen sollen erst im Januar 2017 in Kraft treten.

+++ Die wichtigsten geplanten Neuregelungen im Überblick:
  • Überlassungsdauer: Leiharbeitnehmer sollen grds. künftig nur noch bis zu einer Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten bei einem Entleiher eingesetzt werden können. In einem Tarifvertrag der Einsatzbranche oder aufgrund eines solchen Tarifvertrags sollen allerdings längere Einsatzzeiten vereinbart werden können.
  • Equal Pay: Leiharbeitnehmer sollen spätestens nach neun Monaten hinsichtlich des Arbeitsentgelts mit den Stammarbeitnehmern beim Entleiher gleichgestellt werden. Auch insoweit soll - allerdings nur eingeschränkt - eine Abweichung durch Tarifvertrag möglich sein: Soweit nämlich für das Arbeitsverhältnis ein (Branchen-) Zuschlagstarifvertrag gilt, der eine stufenweise Heranführung des Arbeitsentgelts an Equal Pay vorsieht, soll der Anspruch auf Equal Pay erst nach einer Einsatzdauer von zwölf Monaten bestehen.
  • Streik: Zudem soll geregelt werden, dass Leiharbeitnehmer nicht als Streikbrecher eingesetzt werden dürfen.
  • Mitbestimmung: Vorgesehen ist des Weiteren die Klarstellung, dass Leiharbeitnehmer bei den für die Mitbestimmung geltenden Schwellenwerten auch beim Entleiher zu berücksichtigten sind, sofern dies der Zielrichtung der jeweiligen Norm nicht widerspricht. In § 80 Abs. 2 und § 92 Abs. 1 Satz 1 BetrVG soll zudem der Inhalt des bereits bestehenden Informationsrechts des Betriebsrats über den Einsatz von Personen, die nicht im Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber des Betriebs stehen, gesetzlich klargestellt werden.
  • Abgrenzung von Werk- und Arbeitsverträgen: Um den Missbrauch von Werk- und Dienstvertragsgestaltungen zu verhindern und gleichzeitig die Prüftätigkeit von Behörden zu erleichtern, sollen für die Abgrenzung von Werk- und Dienstverträgen zu Arbeitsverträgen die wesentlichen von der Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriterien gesetzlich niedergelegt werden. Außerdem soll klargestellt werden, dass ein Arbeitsvertrag, unabhängig von der Bezeichnung und dem formalen Inhalt des Vertrags, vorliegt, wenn dies der tatsächlichen Vertragsdurchführung entspricht. Bei einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung sollen der vermeintliche Werkunternehmer und sein Auftraggeber auch bei Vorlage einer Verleiherlaubnis nicht bessergestellt werden als derjenige, der unerlaubt Arbeitnehmerüberlassung betreibt.

+++ Weitere Details zur Abgrenzung von Werk-/Dienst- und Arbeitsverträgen
Der Referentenentwurf sieht die Aufnahme eines § 611a in das BGB vor. Die geplante Neuregelung hat folgenden Wortlaut:

"Vertragstypische Pflichten beim Arbeitsvertrag

(1) Handelt es sich bei den aufgrund eines Vertrages zugesagten Leistungen um Arbeitsleistungen, liegt ein Arbeitsvertrag vor. Arbeitsleistungen erbringt, wer Dienste erbringt und dabei in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist und Weisungen unterliegt. Wenn der Vertrag und seine tatsächliche Durchführung einander widersprechen, ist für die rechtliche Einordnung des Vertrages die tatsächliche Durchführung maßgebend.

(2) Für die Feststellung, ob jemand in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist und Weisungen unterliegt, ist eine wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Für diese Gesamtbetrachtung ist insbesondere maßgeblich, ob jemand

a) nicht frei darin ist, seine Arbeitszeit oder die geschuldete Leistung zu gestalten oder seinen Arbeitsort zu bestimmen,

b) die geschuldete Leistung überwiegend in Räumen eines anderen erbringt,

c) zur Erbringung der geschuldeten Leistung regelmäßig Mittel eines anderen nutzt,

d) die geschuldete Leistung in Zusammenarbeit mit Personen erbringt, die von einem anderen eingesetzt oder beauftragt sind,

e) ausschließlich oder überwiegend für einen anderen tätig ist,

f) keine eigene betriebliche Organisation unterhält, um die geschuldete Leistung zu erbringen,

g) Leistungen erbringt, die nicht auf die Herstellung oder Erreichung eines bestimmten Arbeitsergebnisses oder eines bestimmten Arbeitserfolges gerichtet sind,

h) für das Ergebnis seiner Tätigkeit keine Gewähr leistet.

(3) Das Bestehen eines Arbeitsvertrages wird widerleglich vermutet, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch insoweit das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt hat."

+++ Linkhinweise:

  • Den Referentenentwurf nebst Begründung finden Sie hier (PDF-Datei).

  • Vertiefende Informationen zu dem Gesetzgebungsvorhaben finden Sie im AuS-Gesetzgebungsreport.

  • Ein Interview von Bundesministerin für Arbeit und Soziales Andrea Nahles mit der Süddeutschen Zeitung vom 18. November 2015 finden Sie hier.

Referentenentwurf des BMAS vom 16.11.2015
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