23.12.2019

Das ändert sich 2020 im Arbeits- und Sozialrecht - Teil 10: Änderungen für Menschen mit Behinderungen und im Entschädigungsrecht

Zum 1.1.2020 tritt die dritte Reformstufe des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) in Kraft: die Reform der Eingliederungshilfe. Die Eingliederungshilfe wird aus dem Fürsorgesystem der Sozialhilfe herausgelöst und als eigenständiges Leistungsrecht in das SGB IX eingebettet. Die hiermit verbundenen Änderungen für Menschen mit Behinderungen im Überblick:

  • Die Fachleistungen der Eingliederungshilfe orientieren sich ab dem 1.1.2020 am individuellen Bedarf und werden erstmals unabhängig von der Wohnform erbracht.
  • Durch ein eigenes Kapitel für die Leistungen zur Teilhabe an Bildung werden erstmals rechtssicher Assistenzleistungen für höhere Studienabschlüsse wie ein Masterstudium oder in bestimmten Fällen auch eine Promotion ermöglicht.
  • Die Möglichkeiten einer individuellen und den persönlichen Wünschen entsprechenden Lebensplanung und -gestaltung werden weiter gestärkt. Eingliederungshilfebezieher profitieren so u.a. von einem neuen Leistungstatbestand, der Assistenzleistungen zur selbstbestimmten Alltagsbewältigung konkret regelt und auch die Unterstützung bei der Ausübung eines Ehrenamtes vorsieht.
  • Zudem treten weitere wesentliche Verbesserungen bei der Einkommens- und Vermögensanrechnung in Kraft. Damit werden die Anreize zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung durch Menschen mit Behinderungen erhöht und eine angemessene Alterssicherung ermöglicht. Eine Anrechnung des Partnereinkommens und -vermögens entfällt künftig.

+++ Gesetz zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts

Mit der in Kürze absehbaren Verkündung des Gesetzes zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts im Bundesgesetzblatt ergeben sich zum 1.1.2020 insbesondere folgende Neuerungen:

  • Verbesserungen für Gewaltopfer einschließlich Terroropfer: Rückwirkend zum 1.7.2018 werden für Leistungsberechtigte nach dem Bundesversorgungsgesetz, das u.a. für Gewaltopfer einschließlich Terroropfer gilt, die Waisenrenten und das Bestattungsgeld bei schädigungsbedingtem Tod erhöht und die Leistungen für Überführungskosten verbessert. Auch das Opferentschädigungsgesetz selbst wird rückwirkend zum 1.7.2018 geändert. Dadurch erhalten sich rechtmäßig in Deutschland aufhaltende Ausländer, die Opfer einer Gewalttat werden, die gleichen Entschädigungsleistungen wie deutsche Gewaltopfer.
  • Umbenennung Bundesversicherungsamt: Zum 1.1.2020 wird das Bundesversicherungsamt in Bundesamt für Soziale Sicherung umbenannt.

+++ Entlastung von unterhaltsverpflichteten Angehörigen

Zum 1.1.2020 tritt auch das Gesetz zur Entlastung unterhaltsverpflichteter Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe (Angehörigen-Entlastungsgesetz) in Kraft. Kernpunkt der Neuregelung ist die Einführung eines hohen Schwellenwerts für die Unterhaltspflicht:

Angehörige können künftig grds. erst ab einem Jahreseinkommen von mehr als 100.000 € auf Unterhalt in Anspruch genommen werden. Eine Ausnahme gilt nur für unterhaltsverpflichtete Eltern von Minderjährigen, die Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII erhalten. In der Eingliederungshilfe wird der Kostenbeitrag, den unterhaltsverpflichtete Eltern für ihre volljährigen leistungsberechtigten Kinder aufbringen müssen, unabhängig vom Einkommen vollständig entfallen.

+++ Weitere Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen

  • Das Angehörigen-Entlastungsgesetz sieht zudem weitere Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen vor:
  • Die Weiterfinanzierung der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) wird dauerhaft gesichert. Das schafft vor allem für die Träger der Beratungsangebote und ihre Beschäftigten langfristige Rechts- und Planungssicherheit.
  • Es wird ein Budget für Ausbildung als (weitere) Alternative zu den Werkstätten für behinderte Menschen eingeführt. Damit sollen die Chancen für Menschen mit Behinderungen verbessert werden, eine berufliche Ausbildung auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt absolvieren zu können.
  • In der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung wird nunmehr gesetzlich klargestellt, dass Menschen mit Behinderungen auch im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich von Werkstätten für behinderte Menschen leistungsberechtigt sind.
  • Es wird in Bezug auf die Kosten einer als notwendig festgestellten Arbeitsassistenz klargestellt, dass es kein Ermessen bezüglich des Umfangs der Kostenübernahme gibt.
BMAS PM vom 16.12.2019
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