27.12.2021

Das ändert sich 2022 im Arbeits- und Sozialrecht - Teil 10: Änderungen im SGB XII durch das Teilhabestärkungsgesetz

Am 1.1.2022 treten im Zuge des Teilhabestärkungsgesetzes vom 9.6.2021 (BGBl. I S. 1387) folgende Änderungen im SGB XII in Kraft:

a) Trägerbestimmung im SGB XII
Das BVerfG hatte am 7.7.2020 (Az.: 2 BvR 696/12) Teile des kommunalen Bildungspakets im SGB XII als nicht mit dem Grundgesetz für vereinbar erklärt, weil sie eine aufgrund des Durchgriffsverbots nach Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG unzulässige Aufgabenübertragung durch Bundesgesetz auf Kommunen darstellen und die Kommunen in ihrem kommunalen Selbstverwaltungsrecht verletzen.

In Reaktion hierauf werden die Kommunen künftig bei der Gewährung von Leistungen für Bildung und Teilhabe in der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII nicht mehr bundesgesetzlich als örtliche Träger der Sozialhilfe benannt. Dazu hat der Gesetzgeber § 34c SGB XII als zusätzliche Vorschrift in den die Regelungen zu Bildung und Teilhabe enthaltenden Dritten Abschnitt des Dritten Kapitels des SGB XII eingefügt. Die Bestimmung, wer örtlicher oder überörtlicher Träger der Sozialhilfe ist, obliegt künftig allein den Ländern.

b) Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2022
Ab dem 1.1.2022 gelten neue Regelbedarfe in der Sozialhilfe nach dem SGB XII:

  • für jede erwachsene Person, die in einer Wohnung lebt und für die nicht die Regelbedarfsstufe 2 gilt: 449,- Euro (RBS 1)
  • für jede erwachsene Person, wenn sie in einer Wohnung mit einem Ehegatten oder Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft mit einem Partner zusammenlebt, oder wenn sie in der sogenannten besonderen Wohnform lebt: 404,- Euro (RBS2)
  • für eine stationär untergebrachte erwachsene Person: 360,- Euro (RBS 3)
  • für einen Jugendlichen vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres: 376,- Euro (RBS 4)
  • für ein Kind vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres: 311,- Euro (RBS 5)
  • für ein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres: 285,- Euro (RBS 6)

Für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf ergibt sich für das erste Schulhalbjahr 2022 eine Erhöhung auf 104,- Euro und für das zweite Schulhalbjahr eine Erhöhung auf 52,- Euro.

c) Neue Regelbedarfe, Erhöhungen beim persönlichen Schulbedarf und Verlängerung des vereinfachten Zugangs im Sozialen Entschädigungsrecht
Ab dem 1.1.2022 gelten neue Regelbedarfe für die Ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt im Sozialen Entschädigungsrecht nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) in Höhe der Regelbedarfsstufen (RBS) nach dem SGB XII. Auch die Erhöhungen beim persönlichen Schulbedarf gelten im Anwendungsbereich des BVG.

Des Weiteren ist der vereinfachte Zugang zur Ergänzenden Hilfe zum Lebensunterhalt des BVG aufgrund der anhaltenden Covid-19-Pandemie verlängert worden. Er gilt jetzt für Bewilligungszeiträume, die bis zum 31.3.2022 beginnen.

Die Übergangsregelung zu den Mehrbedarfen für gemeinschaftliche Mittagsverpflegung in Werkstätten wurde ebenfalls bis zum 31.3.2022 verlängert.

d) Anpassung der Regelsätze nach dem Asylbewerberleistungsgesetz
Entsprechend der Veränderung der Regelbedarfe nach dem SGB XII hat der Gesetzgeber auch die Regelsätze nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) zum 1.1.2022 angepasst.

e) Einheitliche Ansprechstellen für Arbeitgeber
Ab dem 1.1.2022 sollen bundesweit eingerichtete unabhängige und trägerübergreifende Einheitliche Ansprechstellen für Arbeitgeber ihre Arbeit aufnehmen, die diese über die Ausbildung, Einstellung und Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen informieren, beraten und sie bei der Antragsstellung unterstützen. Wenn sich Arbeitgeber für die Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen entschieden haben, nehmen die Einheitlichen Ansprechstellen den Arbeitgebern zudem die "Laufarbeit" zu potentiellen Leistungsträgern ab und sollen auf diese Weise für eine Entlastung der Arbeitgeber von der Bürokratie sorgen.

f) Erweiterung des Budgets für Ausbildungen auf in Behindertenwerkstätten tätige Personen
Ab dem 1.1.2022 wird der persönliche Geltungsbereich des Budgets für Ausbildung erweitert. Dann können auch Personen, die bereits im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen tätig sind, noch ein Budget für Ausbildung in Anspruch nehmen, um eine reguläre betriebliche Ausbildung oder eine Fachpraktikerausbildung machen zu können.

g) Weiterführung der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB)
Ebenfalls zum 1.1.2022 tritt die Verordnung zur Weiterführung der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTBV) in Kraft. Hiermit setzt das BMAS die im Koalitionsvertrag der letzten Bundesregierung vorgesehene Weiterführung der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) ab 2023 um. Zur nachhaltigen Etablierung der Beratungsangebote wird mit der EUTBV die Finanzierung von der bisherigen zuwendungsrechtlichen Förderung auf einen Rechtsanspruch auf einen Zuschuss zu Personal- und Sachkosten umgestellt. Dafür stehen ab 2023 jährlich 65 Mio. Euro zur Verfügung.

Das Antragsverfahren startet zum 1.1.2022 und endet zum 31.3.2022. Nähere Informationen hierzu finden Sie hier.

BMAS PM v. 15.12.2021
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