23.12.2016

Das ändert sich im Arbeits- und Sozialrecht - Teil 1: Arbeitnehmerüberlassung

Die arbeitsrechtliche Praxis muss sich für 2017 auf einige Gesetzesänderungen einstellen. Die wichtigste davon ist wohl das "Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze", das am 1.4.2017 in Kraft treten wird. Der Regierungsentwurf vom 20.7.2016 ist nach zweiter und dritter Lesung am 21.10.2016 vom Bundestag verabschiedet worden und passierte am 25.11.2016 den Bundesrat, versehen mit einigen letzten Änderungen, die auf der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales beruhen.

+++ Die Kernpunkte der Neuregelung im Überblick:
  • Einführung einer Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten mit der Möglichkeit zur Festlegung abweichender Überlassungshöchstdauern auf tarifvertraglicher Grundlage;
  • Gleichstellung von Leiharbeitnehmern spätestens nach neun Monaten hinsichtlich des Arbeitsentgelts mit Stammarbeitnehmern (Equal Pay) mit der Möglichkeit einer längerer Abweichung vom Grundsatz gleicher Bezahlung bei Sicherstellung stufenweiser Heranführung an ein gleichwertiges Entgelt durch Zuschlagstarifverträge nach spätestens 15 Monaten;
  • kein Einsatz von Leiharbeitnehmern als Streikbrecher;
  • Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei betriebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerten und den Schwellenwerten in der Unternehmensmitbestimmung auch beim Entleiher;
  • Verbot des Weiterverleihs von Leiharbeitnehmern;
  • Verpflichtungen zur Offenlegung der Arbeitnehmerüberlassung im Überlassungsvertrag und gegenüber dem Leiharbeitnehmer;
  • Verhinderung des Missbrauchs von Werkvertragsgestaltungen und verdeckter Arbeitnehmerüberlassung, z.B. durch die Klarstellung der Informationsrechte des Betriebsrats.
  • Wegfall der statistischen Meldepflichten für Verleiher.

+++ Inkrafttreten und Übergangsregelung
Die gesetzlichen Neuregelungen werden zum 1.4.2017 in Kraft treten. Zur Überlassungshöchstdauer und zur Neuregelung von Equal Pay nach neun Monaten ist allerdings eine Übergangsregelung vorgesehen, wonach Überlassungszeiten vor dem 1.4.2017 nicht berücksichtigt werden. Dies soll sicherstellen, dass  laufende Einsätze von Leiharbeitnehmern nicht unmittelbar mit Inkrafttreten des Gesetzes wegen Erreichen der Höchstgrenze beendet werden müssen. Zudem sollen die Sozialpartner hierdurch ausreichend Zeit bekommen, um passgenaue Regelungen für den Einsatz von Leiharbeitnehmern vereinbaren zu können.

+++ Persönlicher Anwendungsbereich
Die Neuregelungen betreffen alle in Deutschland tätigen Leiharbeitnehmer sowie deren Ver- und Entleiher. Sie gelten auch für im Ausland ansässige Verleiher, deren Leiharbeitnehmer in Deutschland arbeiten.

+++ Details zur neuen Equal-Pay-Regelung
Leiharbeitnehmer haben künftig spätestens nach einer Einsatzdauer von neun Monaten einen Equal-Pay-Anspruch. Längere Abweichungen sind nur noch mit (Branchen-) Zuschlagstarifverträgen möglich. Für diese sieht die Neuregelung bestimmte Standards vor: Die stufenweisen Zuschläge müssen bereits nach sechs Wochen einsetzen und nach spätestens 15 Monaten ein Arbeitsentgelt erreichen, das von den Tarifvertragsparteien der Zeitarbeitsbranche als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in der Einsatzbranche festgelegt ist.

+++ Details zur Überlassungshöchstdauer
Die Neuregelung sieht eine gesetzliche Überlassungshöchstdauer von grds. 18 Monaten vor. In Tarifverträgen der Einsatzbranche kann die Überlassungshöchstdauer allerdings verlängert werden. Daneben können die Sozialpartner die Verlängerung zulässiger Einsatzzeiten näher ausgestalten, indem sie beispielsweise nach bestimmten Einsatzzwecken und -gebieten differenzieren, die Verlängerung mit Prüfungen und Angeboten zur Übernahme in die Stammbelegschaft oder mit Höchstquoten an Leiharbeitskräften verknüpfen. Sie können auch Öffnungsklauseln vorsehen, die abweichende Regelungen in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung zulassen.

Auch nicht tarifgebundene Entleiher können im Rahmen der in ihrer Branche geltenden tariflichen Vorgaben die Überlassungshöchstdauer verlängern, indem sie entweder einen Tarifvertrag mit einer festgelegten Überlassungshöchstdauer 1:1 mittels Betriebsvereinbarung nachzeichnen oder eine Öffnungsklausel im Tarifvertrag für Betriebsvereinbarungen nutzen. Dabei bestehen unterschiedliche Spielräume

Legt der Tarifvertrag für eine betriebliche Öffnungsklausel selbst keine konkrete Überlassungshöchstdauer fest, können tarifungebundene Entleiher bei Nutzung der Öffnungsklausel nur eine Überlassungshöchstdauer von maximal 24 Monaten vereinbaren.

Legt der Tarifvertrag eine konkrete Überlassungshöchstdauer für die Öffnungsklausel fest (z.B. "48 Monate"), können auch tarifungebundene Entleiher die Öffnungsklausel bis zu diesem Umfang nutzen, wenn sie eine Betriebsvereinbarung abschließen.

Unterliegt der Entleiherbetrieb den Geltungsbereichen mehrerer Tarifverträge, so hat der nichttarifgebundene Entleiher auf den für seine Branche repräsentativen Tarifvertrag abzustellen. Bei der Feststellung der Repräsentativität ist vorrangig abzustellen auf die Zahl der tarifgebundenen Unternehmen und die Zahl der tarifgebundenen Arbeitnehmer.

Zur Vermeidung von Missbrauch und von Umgehungen haben ein Wechsel des Verleihers und kurzfristige Unterbrechungen keinen Einfluss auf die Berechnung der Überlassungshöchstdauer. Unterbrechungen zwischen zwei Überlassungen zu demselben Entleiher werden nicht berücksichtigt, wenn die Unterbrechungen drei Monate nicht übersteigen. In diesem Fall werden die vorangehenden Überlassungen bei der Berechnung der Überlassungshöchstdauer mitgezählt.

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