11.03.2016

Eigenmächtiger Urlaubsantritt durch Betriebsratsmitglied rechtfertigt nicht unbedingt eine fristlose Kündigung

Ein eigenmächtiger Urlaubsantritt stellt zwar grds. eine schwere Pflichtverletzung dar, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann. Etwas anderes gilt aber regelmäßig bei einem eigenmächtigen Urlaubsantritt von einem ohnehin freigestellten langjährigen Betriebsratsvorsitzenden, wenn der Vorwurf mit der besonders geschützten Betriebsratstätigkeit zusammenhängt (hier: Urlaubsantritt zum Besuch einer nicht genehmigten gewerkschaftlichen Schulungsmaßnahme).

ArbG Düsseldorf 10.3.2016, 10 BV 253/15
Der Sachverhalt:
Die Arbeitgeberin betreibt eine Gießerei mit über 1.000 Beschäftigten. Ihr Betriebsratsvorsitzender hatte sich kurzfristig zwei Tage freigenommen, um an einer gewerkschaftlichen Schulungsmaßnahme teilzunehmen. Die Arbeitgeberin ging von einem eigenmächtigen Urlaubsantritt aus und wollte das Arbeitsverhältnis mit dem Betriebsratsvorsitzenden außerordentlich kündigen. Zur Begründung machte sie geltend, dass der zuständige Personalleiter die Bewilligung des Urlaubs mehrfach ausdrücklich wegen dringend zu erledigender Aufgaben und aufgrund der Kurzfristigkeit des Urlaubsbegehrens abgelehnt habe.

Nachdem der Betriebsrat die Zustimmung zur Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden verweigert hatte, beantragte die Arbeitgeberin die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung. Hilfsweise begehrte sie den Ausschluss des Vorsitzenden aus dem Betriebsrat, da er quasi "im Alleingang" immer wieder Beteiligungsrechte missbräuchlich ausnutze. So sei z. B. über einen Antrag auf Mehrarbeit nicht entschieden worden, um die Arbeitgeberin zu einem Verzicht auf Ausschlussfristen zu bewegen.

Das Arbeitsgericht wies sowohl den Haupt- als auch den Hilfsantrag zurück.

Die Gründe:
Das Verhalten des Betriebsratsvorsitzenden rechtfertigt weder eine außerordentliche Kündigung noch einen Ausschluss aus dem Betriebsrat.

Es stellt zwar eine schwere Pflichtverletzung dar, wenn ein Arbeitnehmer Urlaub nimmt, ohne sich diesen vorher genehmigen zu lassen. Im Streitfall genügt diese Pflichtverletzung aber aufgrund der weiter erforderlichen Interessenabwägung ausnahmsweise nicht als Grund für eine fristlose Kündigung. Zugunsten des Betriebsratsvorsitzenden ist insbesondere zu berücksichtigen, dass dieser seit 15 Jahren bei der Arbeitgeberin beschäftigt ist und es keine Abmahnung gegeben hat. Zudem sind die Anforderungen an die fristlose Kündigung sehr hoch, da der Vorwurf mit der besonders geschützten Betriebsratstätigkeit zusammenhängt.

Auch ein Ausschluss des Betriebsratsvorsitzenden aus dem Betriebsrat kommt nicht in Betracht. Die dargelegten Pflichtverletzungen, wie z.B. unzulässige Koppelungsgeschäfte, wurden nicht vom Betriebsratsvorsitzenden allein begangen, sondern beruhten jeweils auf Beschlüssen des gesamten Betriebsrats.

ArbG Düsseldorf PM vom 10.3.2016
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