24.08.2015

Entwendung von ein paar belegten Brötchen rechtfertigt nicht ohne weiteres eine fristlose Kündigung

Die Entwendung geringwertiger Sachen (hier: acht belegte Brötchenhälften) kann zwar grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Es ist aber immer zu prüfen, ob nicht bereits durch eine Abmahnung verloren gegangenes Vertrauen wieder hergestellt werden kann. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn der Arbeitnehmer bei seiner Vertragspflichtverletzung nicht heimlich gehandelt, den Fehler zugestanden und Unrechtsbewusstsein sowie Reue gezeigt hat.

ArbG Hamburg 1.7.2015, 27 Ca 87/15
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist seit über 20 Jahren als Krankenschwester in dem Krankenhaus der Beklagten beschäftigt. Sie arbeitete zuletzt in der Notaufnahme. Hier hält die Beklagte einen Aufenthaltsraum für externe Rettungssanitäter bereit, denen sie kostenlos Getränke, Obst und belegte Brötchen zur Verfügung stellt. Ende Januar 2015 entnahm die Klägerin dem Kühlschrank in diesem Raum acht belegte Brötchenhälfte, aß eine davon und verteilte die übrigen unter ihren Kolleginnen.

Als die Beklagte hiervon erfuhr, kündigte sie das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin außerordentlich. Die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem Arbeitsgericht Erfolg.

Die Gründe:
Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin nicht wirksam gekündigt. Die Klägerin hat durch die Wegnahme und den Verzehr der Brötchenhälften zwar in schwerwiegender Weise gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen. Die anzustellende Interessenabwägung fällt aber zu ihren Gunsten aus, da bereits eine Abmahnung als milderes Mittel ausreichend gewesen wäre, um das zerstörte Vertrauen wieder herzustellen.

Für die Klägerin spricht zunächst, dass sie den Vertragsverstoß nicht heimlich begangen hat, sondern ganz offen. Zudem hatte sie nicht nur ihren eigenen Vorteil im Blick, sondern auch das Wohlergehen ihrer Kolleginnen. Insofern ging es der Klägerin auch darum, die Einsatzbereitschaft ihrer Schicht aufrechtzuerhalten. Im Übrigen hat sie, als sie auf ihr Fehlverhalten angesprochen wurde, nicht versucht, das Geschehen zu vertuschen. Vielmehr hat sie freimütig zugegeben, einen Fehler gemacht zu haben. Insofern hat sie auch Unrechtsbewusstsein und Reue gezeigt.

Des Weiteren fällt die lange und beanstandungsfreie Beschäftigungszeit der Klägerin positiv ins Gewicht. Eine für lange Jahre ungestörte Vertrauensbeziehung zweier Vertragspartner wird durch eine erstmalige Vertrauensenttäuschung nicht ohne weiteres vollständig und unwiederbringlich zerstört.

juris
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