16.03.2016

Für die Wahrung einer tariflichen Ausschlussfrist reicht eine rechtzeitige Klageerhebung nicht aus

Für die Wahrung einer tariflichen Ausschlussfrist, innerhalb derer der Anspruch gegenüber dem Vertragspartner schriftlich geltend gemacht werden muss, reicht es nicht aus, wenn der Anspruch innerhalb der Frist klageweise geltend gemacht wird, die Klage dem Vertragspartner aber erst nach Fristablauf zugeht. § 167 ZPO, wonach eine rechtzeitige Klageerhebung zur Wahrung einer Frist ausreichen kann, wenn die Zustellung demnächst erfolgt, findet auf einfache tarifliche Ausschlussfristen keine Anwendung.

BAG 16.3.2016, 4 AZR 421/15
Der Sachverhalt:
Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung. Nach § 37 TV-L verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten schriftlich geltend gemacht werden.

Der Kläger begehrte von seinem Arbeitgeber die Zahlung einer Entgeltdifferenz für den Monat Juni 2013. Diesen Anspruch machte er erstmals mit seiner am 18.12.2013 eingegangenen Klage geltend, die dem Beklagten am 7.1.2014 zugestellt wurde. Der Beklagte machte geltend, dass der Kläger den Anspruch nicht bis zum 30.12.2013 schriftlich geltend gemacht habe; der Anspruch sei deshalb verfallen. Demgegenüber berief sich der Kläger auf § 167 ZPO. Die Norm sei auch auf tarifliche Verfallfristen anzuwenden, so dass eine rechtzeitige Klageerhebung zur Fristwahrung ausreiche.

Arbeitsgericht und LAG gaben der Klage statt. Auf die Revision des Beklagten hob das BAG die Vorentscheidungen auf und wies die Klagen ab.

Die Gründe:
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung der geltend gemachten Vergütungsdifferenz. Ein etwaig bestehender Anspruch ist verfallen, weil der Kläger ihn nicht innerhalb von sechs Monaten schriftlich gegenüber dem Beklagten geltend gemacht hat. § 167 ZPO, wonach in bestimmten Fällen eine Frist bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung gewahrt werden kann, wenn die Zustellung demnächst erfolgt, ist  auf tarifliche Ausschlussfristen, die durch eine bloße schriftliche Geltendmachung gewahrt werden können, nicht anwendbar.

Der Hintergrund:
Der Vierte Senat betont, dass er mit dieser Entscheidung der langjährigen Rechtsprechung des BAG folgt, wonach der Gläubiger einer Forderung sich den Zeitverlust durch die - in der Sache nicht zwingend erforderliche - Inanspruchnahme des Gerichts selbst zuzurechnen habe.

Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung des 8. Senats für die die Frist für Klagen auf Entschädigung und Schadensersatz nach § 15 Abs. 4 AGG. Seine frühere Rechtsprechung, wonach § 167 ZPO auf diese Frist keine Anwendung findet, hat der 8. Senat inzwischen aufgegeben (BAG, Urt. v. 22.5.2014 - 8 AZR 662/13, ArbRB 2014, 293 [Range-Ditz]). Für eine rechtzeitige und der Schriftform genügende Klageerhebung reiche es nach § 167 ZPO aus, wenn die AGG-Klage innerhalb von zwei Monaten bei Gericht eingehe und " demnächst" zugestellt werde. Der Achte Senat folgt damit der Rechtsprechung des BGH (BGH, Urt. v. 17.7.2008 - I ZR 109/05).

Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht. Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.

BAG PM Nr. 12/16 vom 16.3.2016
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