18.06.2014

Geschäftsführer haften nicht persönlich für nicht abgeführte SV-Beiträge aufgrund von CGZP-Nachforderungen

Der Geschäftsführer eines Zeitarbeitsunternehmens haftet nicht persönlich auf Schadensersatz, wenn das Unternehmen nach der Entscheidung des BAG vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10) über die Tarifunfähigkeit der CGZP nicht selbständig höhere Sozialversicherungsbeiträge rückwirkend nachgemeldet und abgeführt hat. Im Hinblick auf § 266a StGB fehlt es an einem entsprechenden Vorsatz, da im Zeitpunkt der BAG-Entscheidung noch nicht feststand, dass die CGZP auch rückwirkend seit ihrer Gründung tarifunfähig war.

LG Bochum 28.5.2014, I-4 O 39/14
Der Sachverhalt:
Das BAG hatte mit dem Beschluss vom 14.12.2010 entschieden, dass die Tarifgemeinschaft christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) nicht tariffähig ist. An die Stelle der tariflichen Vergütung trat deshalb ein Anspruch der Leiharbeitnehmer auf Vergütung wie die mit ihnen vergleichbaren Arbeitnehmer im Einsatzbetrieb (Equal-Pay-Anspruch).

Nach der Entscheidung vom 14.12.2010 prüfte die Deutsche Rentenversicherung flächendeckend die Anwender des CGZP-Tarifvertrags und erließ teils erhebliche Nachforderungsbescheide.

Im Streitfall verlangte die klagende Krankenversicherung von dem beklagten früheren Geschäftsführer einer Personaldienstleistung-GmbH Schadensersatz in Höhe der ihrer Auffassung geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge. Zur Begründung machte sie geltend, der Beklagte habe sich nach § 266a StGB strafbar gemacht. Nach der CGZP-Entscheidung des BAG hätten die Personaldienstleister selbstständig höhere Sozialversicherungsbeiträge rückwirkend nachmelden und abführen müssen.

Die Klage hatte vor dem LG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a StGB auf Schadensersatz in Höhe der geltend gemachten Sozialversicherungsbeiträge. Dabei kann offenbleiben, ob der Beklagte den objektiven Tatbestand des § 266a Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 StGB erfüllt hat. Denn er hat jedenfalls nicht mit dem erforderlichen Vorsatz gehandelt.

Der fehlende Vorsatz ergibt sich bereits daraus, dass erst aufgrund zweier weiterer Beschlüsse des Bundesarbeitsgerichts vom 23.5.2012 feststeht, dass die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 auch für die Vergangenheit gilt, die CGZP also bereits seit ihrer Gründung nicht tariffähig war.

Im Übrigen ist zu beachten, dass der Beklagte den angegriffenen Prüfbescheid für rechtwidrig gehalten hat und deshalb davon ausgegangen ist, dass er zur Nachentrichtung der Sozialversicherungsbeiträge an die Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht verpflichtet ist. Daher legte er hiergegen auch Widerspruch ein. Die bloße Nichtzahlung der festgesetzten Sozialversicherungsbeiträge lässt vor diesem Hintergrund nicht auf einen bedingten Vorsatz schließen.

Von einer tatsächlich bestehenden Zahlungspflicht und deren Kenntnis ist so lange nicht auszugehen, wie über die Frage der Rechtmäßigkeit des Prüfbescheids vom 2.5.2012 nicht rechtskräftig entschieden ist. Etwas anderes gilt erst dann, wenn der Beklagte es nach einer rechtskräftigen Entscheidung in Kenntnis der Rechtslage unterlässt, die Sozialversicherungsbeiträge, soweit sie vom Sozialgericht rechtskräftig als rechtmäßig festgestellt werden, an die Klägerin nachzuentrichten.

Der Hintergrund:
Nachdem zunächst nur die Personaldienstleister selbst betroffen waren, werden inzwischen vermehrt auch (ehemalige) Geschäftsführer von Personaldienstleistern von den Sozialversicherungsträgern auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Ob die Nachforderungen berechtigt sind, ist umstritten und wird wohl abschließend erst durch das Bundessozialgericht abschließend entschieden werden.

Kanzlei ANTON - HEINEKAMP - TEUFEL PM vom 4.6.2014
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