09.02.2015

Geschlechterquote und Betriebsratswahl: Keine Korrektur im Nachrückverfahren

Die Besetzung eines nach Geschlechterproporz gewählten Betriebsrats ist nicht nachträglich anzupassen, wenn die Geschlechterquote im Nachrückverfahren übererfüllt wird. Das ergibt die Auslegung des § 15 Abs. 2 BetrVG nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift.

ArbG Köln 12.11.2014, 17 BV 296/14
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten darüber, ob das Übererfüllen der Geschlechterquote durch einen Nachrückvorgang zu einer nachträglichen Korrektur eines - dem Minderheitengeschlecht geschuldeten - Listensprungs führen kann. Gem. § 15 BetrVG muss das Geschlecht der Minderheit in einem Betriebsrat mindestens seinem zahlenmäßigen Anteil an der Belegschaft entsprechend vertreten sein. Dies wird durch entsprechende Verfahrensregeln sichergestellt. Vorliegend zog nach diesen Verfahrensregeln eine Arbeitnehmerin (Geschlecht der Minderheit) in den Betriebsrat ein und "verdrängte" dabei einen Bewerber, der im direkten Vergleich mehr Stimmen erzielt hatte.

Zu einem späteren Zeitpunkt schied ein (anderes) männliches Mitglied aus dem Betriebsrat aus und wurde im Nachrückverfahren durch eine Bewerberin ersetzt. Der Betriebsrat vertrat die Auffassung, dass die Minderheitenquote nunmehr übererfüllt sei. Die zunächst in den Betriebsrat eingezogene Bewerberin scheide aus dem Betriebsrat aus mit der Folge, dass der zunächst "verdrängte" Bewerber Mitglied des Betriebsrats werde. Die Arbeitgeberin und die Arbeitnehmerin beantragten festzustellen, dass die Arbeitnehmerin Mitglied des Betriebsrats im Betrieb der Arbeitgeberin ist und dass der zunächst "verdrängte" Bewerber nicht Mitglied des Betriebsrats im Betrieb geworden ist.

Das ArbG gab dem Antrag statt. Der Beschluss ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Die zunächst in den Betriebsrat eingezogene Bewerberin bleibt Mitglied des Betriebsrates und wird nicht durch den "verdrängten" Bewerber ausgetauscht.

Nach § 25 BetrVG rückt ein Ersatzmitglied nach, wenn ein Mitglied des Betriebsrats ausscheidet. Die Ersatzmitglieder werden unter Berücksichtigung des § 15 Abs. 2 BetrVG der Reihe nach aus den nichtgewählten Arbeitnehmern derjenigen Vorschlagslisten entnommen, denen die zu ersetzenden Mitglieder angehören. Erfolgte die Wahl nach den Grundsätzen der Verhältniswahl, so tritt an die Stelle des ausgeschiedenen oder zeitweilig verhinderten Mitglieds das dem gleichen Geschlecht angehörende Ersatzmitglied, das auf der Liste als nächster Vertreter vorgeschlagen ist, wenn dies zur Wahrung der Mindestquote des § 15 Abs. 2 erforderlich ist. Ansonsten folgt der nächste Vertreter auf der Liste ohne Hinblick auf das Geschlecht.

Die Auslegung der Norm ergibt nach Wortlaut und Sinn und Zweck, dass eine Übererfüllung der Minderheitengeschlechterquote infolge eines Nachrückvorgangs grundsätzlich unbeachtlich ist. Der Listensprung wird nicht nachträglich korrigiert. Daraus folgt, dass die Arbeitnehmerin ihr Mandat behält. Der Wortlaut des § 25 BetrVG ist insoweit eindeutig. Er eröffnet dem Betriebsrat keine Möglichkeit, das bekanntgegebene Wahlergebnis nachträglich bei einem Nachrückvorgang zu korrigieren. Er kann nur bei einem Nachrückvorgang zur Wahrung der Geschlechterquote eine andere nachrückende Person bezeichnen, § 25 Abs. 2 S. 1 BetrVG.

Aus § 15 Abs. 2 BetrVG folgt kein abweichendes Auslegungsergebnis: Die auch für das Nachrücken maßgebliche Regelung in § 15 Abs. 2 BetrVG regelt allein eine Mindestquote. Die Vorschrift stellt keine Ermächtigung dafür dar, einen Listensprung nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses zu korrigieren, etwa weil das Nachrücken eines Betriebsratsmitglieds des Minderheitengeschlechts die Quote erfüllt.

Linkhinweis:

ArbG Köln PM vom 30.1.2015
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