14.03.2019

Keine einstweilige Anordnung für den Vollzug des sog. "Streikbrecherverbots" gemäß AÜG

Das Verbot gem. § 11 Abs. 5 Satz 1 und 2 AÜG, bei unmittelbar bevorstehendem Arbeitskampf Leiharbeitnehmer einzusetzen, birgt für den Arbeitgeber, der möglicherweise zukünftig mit arbeitsniederlegenden Streikmaßnahmen seiner Arbeitnehmer rechnen muss, keine derart schwerwiegenden Nachteile, als dass das Verbot bis zur Entscheidung der Hauptsache ausgesetzt werden müsste.

BVerfG v. 12.2.2019 - 1 BvR 842/17

Der Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin ist Arbeitgeberin in der Unterhaltungsindustrie. Die Gewerkschaft kündigte den abgeschlossenen Entgelttarifvertrag fristgemäß. Während früherer Arbeitskämpfe hatte die Beschwerdeführerin auf den streikbetroffenen Arbeitsplätzen Leiharbeitskräfte eingesetzt. Der Einsatz von Leiharbeitskräften ist durch die am 21.2.2017 neu gefasste Regelung des § 11 Abs. 5 AÜG verboten, wenn der Entleiherbetrieb unmittelbar durch einen Arbeitskampf betroffen ist. Die Beschwerdeführerin erhob Verfassungsbeschwerde und verband diese sodann mit einem Antrag auf einstweilige Anordnung. Sie rügte eine Verletzung von Art. 9 Abs. 3, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG.

 

Nach ihrer Ansicht sei der einstweilige Rechtsschutz dringend zur Abwehr schwerer Nachteile geboten. Es sei mit einer Gefährdung ihrer Existenz zu rechnen. Sie sei gezwungen, sich aufgrund der gestörten Arbeitskampfparität dem Druck des Streiks zu beugen, sollte sie nicht für die Zeit der Arbeitsniederlegung Leiharbeiter mit diesen Aufgaben betrauen können.

 

Das BVerfG lehnte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab.

 

Die Gründe:
Die Beschwerdeführerin erhält keinen einstweiligen Rechtsschutz. Das Gericht setzt das sog. "Streikbrecherverbot" aus § 11 Abs. 5 Satz 1 und 2 AÜG bis zur Entscheidung der Hauptsache nicht aus. Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 BVerfGG liegen nicht vor.

 

Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens muss das Gericht im Rahmen einer Folgenabwägung die Nachteile abwägen, die einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Antrag aber in der Hauptsache Erfolg hätte gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, dem Antrag in der Hauptsache aber der Erfolg zu versagen wäre. Insgesamt legt das Gericht den Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 BVerfGG einen strengen Maßstab an. Insoweit ist von entscheidender Bedeutung, ob die Nachteile irreversibel oder nur sehr erschwert revidierbar sind, damit das Aussetzungsinteresse durchschlägt.

 

Die vorgenommene Folgenabwägung ergibt, dass eine vorläufige Aussetzung des Vollzugs der angegriffenen Vorschrift nicht geboten ist. Es sind keine Nachteile für die Beschwerdeführerin von ausreichendem Gewicht erkennbar. Es ist nicht dargelegt, dass es nach Beendigung des aktuellen Tarifvertrags mit hinreichend hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Arbeitskampf mit Arbeitsniederlegungen kommt. Weiterhin ist nicht erkennbar, dass derart schwere oder gar existenzgefährdende wirtschaftliche Nachteile eintreten würden.

 

Linkhinweis:
Für den auf den Webseiten des Bundesverfassungsgerichts veröffentlichten Volltext des Beschlusses klicken Sie bitte hier.

BVerfG Beschluss vom 12.2.2019
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