17.06.2015

Nichtanerkennung eines Blutspendedienstes als Tendenzunternehmen ist mit dem GG vereinbar

Es verstößt nicht gegen das Grundgesetz, dass das Bundesarbeitsgericht (BAG) einen Blutspendedienst des Deutschen Roten Kreuzes nicht als karitativen Tendenzbetrieb i.S.v. § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG anerkannt hat. Das BAG durfte den Begriff "karitativ" dahingehend eng auslegen, dass der Dienst direkt den leidenden Menschen zugutekommen muss.

BVerfG 30.4.2015, 1 BvR 2274/12
Der Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin betreibt einen Blutspendedienst in der Rechtsform einer GmbH. Sie ist steuerrechtlich als gemeinnützig anerkannt und den internationalen Grundsätzen der Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung verpflichtet.

Zu den Aufgaben der Beschwerdeführerin gehört es, Blutspende-Termine durchzuführen, das gesammelte Blut zu testen und aufzubereiten sowie das Blut anschließend entgeltlich an Krankenhäuser oder Ärzte abzugeben.

Im Ausgangsverfahren hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Beschluss vom 22.5.2012 (Az.: 1 ABR 7/11) letztinstanzlich festgestellt, dass die Beschwerdeführerin kein Tendenzunternehmen i.S.v. § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG ist und demnach ein Wirtschaftsausschuss (§§ 106 ff. BetrVG) gebildet werden muss. Mit ihrer hiergegen gerichteten Verfassungsbeschwerde rügte die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 3, 4 und 12 GG.

Das Bundesverfassungsgericht nahm die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an.

Die Gründe:
Die Beschwerdeführerin wird durch die angegriffene Entscheidung des BAG nicht in ihren Grundrechten verletzt.

Der Schutzbereich von Art. 4 GG ist nicht eröffnet, da eine religiöse oder weltanschauliche Dimension kein bestimmendes Element der Tätigkeit der Beschwerdeführerin ist; diese wird vielmehr von einer übergreifend karitativ-humanitären Bestimmung geleitet.

Es liegt auch keine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot vor. Die enge Auslegung des Merkmals der karitativen Tätigkeit durch das BAG begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie folgt anerkannten Grundsätzen, da die Regelung eine Ausnahme von der gesetzgeberischen Entscheidung zugunsten betrieblicher Mitbestimmung normiert und Ausnahmetatbestände eng auszulegen sind. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Ausnahme von der Mitbestimmung nur greifen soll, wenn bei einer karitativen Tätigkeit der Dienst direkt an leidenden Menschen erbracht wird.

Ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG liegt ebenfalls nicht vor. Es fehlen insbesondere Anhaltspunkte dafür, dass die Tätigkeit der Beschwerdeführerin durch die Bildung eines Wirtschaftsausschusses in unzumutbarer Weise beeinträchtigt würde.

Linkhinweis:
Für den auf der Homepage des BVerfG veröffentlichten Beschluss klicken Sie bitte hier.

Die auf den Webseiten des BAG veröffentlichte Entscheidung vom 22.5.2012 (Az.: 1 ABR 7/11) finden Sie hier.

BVerfG PM Nr. 44/15 vom 17.6.2015
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