27.09.2012

Schadensersatz wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens setzt konkrete Anhaltspunkte für eine Schadensschätzung voraus

Wirbt ein Unternehmen in wettbewerbswidriger Schädigungsabsicht Mitarbeiter eines anderen Unternehmens ab, so kann es sich zwar schadensersatzpflichtig machen. Hierfür muss das geschädigte Unternehmen allerdings greifbare Anhaltspunkte für eine Schätzung des Schadens vortragen. Eine völlig abstrakte Berechnung des Schadens lässt § 287 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nicht zu. Eine Schätzung darf daher nicht vollkommen "in der Luft hängen".

BAG 26.9.2012, 10 AZR 370/10
Der Sachverhalt:
Die Klägerin befasst sich mit dem Bau von Autobahnen und Flugbetriebsflächen. Im April 2005 wurde über das Vermögen ihrer früheren Muttergesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Geschäftsanteile der Klägerin wurden daraufhin an einen anderen Baukonzern veräußert.

Auch die Beklagte war am Erwerb der Klägerin interessiert gewesen. Sie gründete nach Scheitern der Verhandlungen eine eigene Gesellschaft für Verkehrswegebau und schloss mit über 50 Führungskräften der Klägerin Arbeitsverträge. Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang hiermit wurden Daten der Klägerin genutzt und gelöscht.

Die Klägerin hat der Beklagten vorgeworfen, wettbewerbswidrig Mitarbeiter abgeworben zu haben. Sie verlangte deshalb Schadensersatz für eingetretene Verluste in den Jahren 2005 und 2006 i.H.v. etwa 46 Mio. Euro. Sie meinte, sie habe ausreichend für eine Schadensberechnung nach § 252 Satz 2 BGB vorgetragen. Die Beklagte machte dagegen geltend, dass es an einem Haftungsgrund und an greifbaren Anhaltspunkten für einen zu schätzenden Schaden fehle.

Die Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz. Selbst wenn man mit dem LAG davon ausgehen würde, dass die Beklagte sich wettbewerbswidrig verhalten hat, fehlte es an greifbaren Anhaltspunkten, um den Schaden schätzen zu können.

Nach § 287 Abs. 1 ZPO entscheidet das Gericht zwar unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung, ob ein Schaden entstanden und wie hoch dieser ist. Die Entscheidung obliegt in erster Linie den Tatsachengerichten und kann revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüft werden. Für die Schätzung eines Schadens benötigt der Richter aber greifbare Anhaltspunkte; eine völlig abstrakte Berechnung des Schadens lässt § 287 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nicht zu. Eine Schätzung darf nicht vollkommen "in der Luft hängen".

Nach diesen Grundsätzen und unter Beachtung des revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstabs ist es nicht zu beanstanden, dass das LAG mangels greifbarer Anhaltspunkte keine Schätzung eines Schadens vorgenommen und die Auffassung vertreten hat, ein hinreichender Zusammenhang zwischen den Abwerbungen und den eingetretenen Verlusten sei nicht erkennbar geworden.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.
BAG PM Nr. 68 vom 26.9.2012
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