28.05.2013

Vorbeschäftigungszeit als Leiharbeitnehmer ist nicht auf Wartefrist für Anwendbarkeit des KSchG anzurechnen

Wird ein Leiharbeitnehmer vom Entleiher in ein Arbeitsverhältnis übernommen, so wird die Zeit der Beschäftigung als Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb nicht auf die Wartefrist gem. § 1 Abs. 1 KSchG angerechnet. Das gilt selbst dann, wenn der (Leih-)Arbeitnehmer ununterbrochen auf demselben Arbeitsplatz eingesetzt war. Eine Zusammenrechnung von mehreren Arbeitsverhältnissen kommt nur in Betracht, wenn mehrere Arbeitsverhältnisse mit demselben Vertragsarbeitgeber bestanden haben.

LAG Niedersachsen 5.4.2013, 12 Sa 50/13
Der Sachverhalt:
Der Kläger war zunächst seit Mai 2011 bei einem Zeitarbeitsunternehmen beschäftigt, das ihn im Betrieb der Beklagten als Fertigungsplaner einsetzte. Zum 1.12.2012 stellte die Beklagte den Kläger direkt in seinem Unternehmen als Fertigungsplaner ein, wobei der Kläger weiterhin auf demselben Arbeitsplatz eingesetzt wurde wie zuvor als Leiharbeitnehmer. Vereinbart war eine sechsmonatige Probezeit mit einer Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende.

Am 29.5.2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 30.6.2012. Mit seiner hiergegen gerichteten Klage machte der Kläger die fehlende soziale Rechtsfertigung der Kündigung geltend. Das Kündigungsschutz sei auf sein Arbeitsverhältnis anwendbar, da er tatsächlich schon seit Mai 2011 bei der Beklagten gearbeitet habe. Die vorgeschaltete Beschäftigung im Rahmen des Leiharbeitsverhältnisses sei faktisch die Probezeit bei der Beklagten gewesen.

Die Klage hatte sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem LAG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger wirksam gekündigt. Mangels Erfüllung der sechsmonatigen Wartefrist gem. § 1 Abs. 1 KSchG war das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar und musste die Kündigung daher auch nicht sozial gerechtfertigt sein.

Nach § 1 Abs.1 Satz 1 KSchG ist eine soziale Rechtfertigung der Kündigung nur dann erforderlich, wenn die Kündigung gegenüber einem Arbeitnehmer erfolgt, "dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb (...) länger als sechs Monate bestanden hat". Mit der Formulierung "dessen Arbeitsverhältnis" knüpft die Vorschrift an die Dauer der Bindung mit dem jeweiligen Vertragsarbeitgeber an. Die Zusammenrechnung mehrerer Arbeitsverhältnisse, zwischen denen ein enger sachlicher Zusammenhang besteht, kommt hiernach nur in Betracht, wenn diese Arbeitsverhältnisse mit demselben Vertragsarbeitgeber bestanden haben.

Für dieses Auslegungsergebnis spricht auch, dass der Entleiher den Arbeitnehmer zunächst nur aus der "Kundenperspektive" kennenlernt. Bestimmte Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis (z.B. Krankmeldungen) musste der Leiharbeitnehmer zuvor primär gegenüber dem Verleiher erbringen. Zudem übernimmt das Verleihunternehmen häufig auch einige Aspekte der Personaldisposition. Somit wird mit Begründung eines Arbeitsverhältnisses zum Entleiher die Zusammenarbeit auf eine vollkommen neue Grundlage gestellt. Vor diesem Hintergrund besteht durchaus Anlass für eine erneute sechsmonatige Wartezeit zur gegenseitigen Erprobung.

Linkhinweis:
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