08.06.2021

Eigentümer von Wohnimmobilie an der Severinstraße in Köln muss nicht für Maßnahmen zur Gewerbeförderung zahlen

Der an den Eigentümer einer in der Severinstraße gelegenen Wohnimmobilie gerichtete Abgabenbescheid auf Basis einer Satzung der Stadt Köln nach dem Gesetz über Immobilien- und Standortgemeinschaften (ISGG NRW) ist rechtswidrig. Dies hat das VG Köln entschieden und damit der Klage eines Anliegers stattgegeben.

VG Köln v. 20.5.2021 - 8 K 3904/18
Der Sachverhalt:
Nach dem ISGG NRW besteht die Möglichkeit, dass die Gemeinde auf Antrag einer privaten Initiative (Immobilien- und Standortgemeinschaft - ISG) durch eine Satzung Abgaben erhebt, mit denen die ISG standortbezogene Maßnahmen durchführen kann. Im Streitfall wollte ein 2016 gegründeter Verein von Gewerbetreibenden an der Kölner Severinstraße unter dem Motto "900 Meter kölsche Südstadt" dort neben ausdrücklichen Marketingmaßnahmen (u.a. die Finanzierung einer neuen Weihnachtsbeleuchtung) beispielsweise Immobilienberatungen und die Beschäftigung eines "Quartiershausmeisters", dessen Aufgabenspektrum in erster Linie an den Interessen des Vereins ausgerichtet war, finanzieren und Sondertarife bei Dienstleistungen wie Stromverträgen, Reinigungsfirmen etc. organisieren.

Die Stadt Köln erließ auf Antrag des Vereins im Jahr 2017 erstmals eine Satzung auf der Grundlage des ISGG NRW, nach der von Anliegern der Severinstraße rund 300.000 € zur Finanzierung der Maßnahmen erhoben wurden. Der Kläger ist Eigentümer eines Wohnhauses an der Severinstraße und wurde ausgehend von dem Einheitswert seines Grundstücks zu einer entsprechenden Zahlung von mehreren hundert Euro aufgefordert. Hiergegen erhob er Klage und begründete dies u.a. damit, dass er keine Vorteile aus den Maßnahmen ziehe, die er mitbezahlen solle. Die bezweckte Stärkung des Einzelhandels zugunsten der Gewerbetreibenden sei für Anwohner, die wie er die Immobilien nicht gewerblich, sondern zu eigenen Wohnzwecken nutzen würden, etwa durch zunehmende Besucherströme vielmehr nachteilig.

Das VG hat der Klage stattgegeben und den an den Kläger gerichteten Abgabenbescheid aufgehoben. Gegen das Urteil kann ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt werden.

Die Gründe:
Die zugrundeliegenden Satzungsvorschriften genügen nicht den in der Rechtsprechung des BVerfG zu sog. Sonderabgaben aufgestellten Voraussetzungen. Weil über die Verwendung der Einnahmen ein privater Verein und nicht wie bei einer (kommunalen) Steuer der Rat der Stadt Köln entschied und auch keine konkrete Gegenleistung erbracht bzw. angeboten wurde - wie beispielsweise bei Benutzungsgebühren -, ist eine solche Abgabe nur ausnahmsweise möglich.

Die Abgabepflichtigen müssen dafür eine homogene Gruppe mit besonderer Sachnähe zum Abgabezweck bilden, sodass eine gemeinsame Finanzierungsverantwortung gerechtfertigt ist. Die Gruppe der Wohneigentümer und der Eigentümer von Gewerbeimmobilien ist jedenfalls bzgl. der geplanten Maßnahmen, deren Nutzen ganz schwerpunktmäßig den Eigentümern gewerblich genutzter Immobilien zufließt, nicht derart homogen, dass eine solche Verantwortung besteht. Vielmehr stehen Wohn- und Gewerbenutzung in einem Spannungsverhältnis, da eine Intensivierung der gewerblichen Nutzung typischerweise durch die Zunahme des Publikums- und Lieferverkehrs sowie der stärkeren Frequentierung der (Außen-)Gastronomie zu erheblichen Beeinträchtigungen für die Wohnbevölkerung durch Lärm-, Abfall- und Verkehrsbelastungen führt.

Den unterschiedlichen Interessen ist insoweit weder bei der Ausgestaltung noch bei der Anwendung der Satzung ausreichend Rechnung getragen worden.
VG Köln PM v. 7.6.2021
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