15.04.2021

§ 35a EStG in Bezug auf zumutbare Belastung und Haushaltsersparnis

Die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 EStG ist auch für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen zu gewähren, die dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastungen abziehbar, wegen der zumutbaren Belastung aber nicht als solche berücksichtigt worden sind. In der Haushaltsersparnis, die bei der Ermittlung der abziehbaren außergewöhnlichen Belastungen für eine krankheitsbedingte Unterbringung zu berücksichtigen ist, sind keine Aufwendungen enthalten, die eine Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 EStG rechtfertigen.

Kurzbesprechung
BFH v. 16.12.2020 - VI R 46/18

EStG § 33 Abs. 1 u. 3, § 33a Abs. 1, § 35a Abs 2, § 35a Abs. 5 S. 1 Halbs. 1

Streitig war die Frage, ob im Fall einer krankheitsbedingten Heimunterbringung in Bezug auf die Haushaltsersparnis eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG zu gewähren ist.

Die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 EStG kann gemäß § 35a Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 EStG u.a. nur in Anspruch genommen werden, soweit die Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt worden sind. Hierdurch soll eine ansonsten mögliche Doppelbegünstigung vermieden werden.

Aufwendungen, die durch den Ansatz der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG nicht als außergewöhnliche Belastungen vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, sind nicht i.S. von § 35a Abs. 5 EStG als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt worden. Für diese Aufwendungen ist eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG mithin zulässig.

Werden im Rahmen des § 33 EStG Aufwendungen geltend gemacht, die dem Grunde nach sowohl bei § 33 EStG als auch bei § 35a EStG berücksichtigt werden können, geht die Finanzverwaltung typisierend davon aus, dass die zumutbare Belastung vorrangig auf die nach § 35a EStG begünstigten Aufwendungen entfällt.

Im Streitfall waren der Steuerpflichtigen krankheitsbedingt Aufwendungen für die Unterbringung in der Seniorenresidenz in Höhe von 22.619,28 € entstanden. In diesem Betrag sind haushaltsnahe Dienstleistungen i.S. des § 35a Abs. 2 EStG in Höhe von 6.799 € enthalten, die in Höhe von 2.039 € (zumutbare Belastung) nicht als außergewöhnliche Belastungen vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen worden sind. Der Ausschlusstatbestand in § 35a Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 EStG greift in diesem Betragsumfang daher nicht. Soweit die Finanzverwaltung typisierend davon ausgeht, dass die zumutbare Belastung vorrangig auf die nach § 35a EStG begünstigten Aufwendungen entfällt, ist dies nach Auffassung des BFH nicht zu beanstanden.

Die tarifliche Einkommensteuer der Steuerpflichtigen war daher nach § 35a Abs. 2 EStG um 408 € zu ermäßigen. Eine über den Betrag von 408 € hinausgehende Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 EStG kam jedoch nicht in Betracht. Soweit die von der Seniorenresidenz bescheinigten haushaltsnahen Dienstleistungen die zumutbare Belastung übersteigen (4.760 €) und sie sich als außergewöhnliche Belastungen (12.109 €) ausgewirkt haben, schied eine (weitere) Berücksichtigung gemäß § 35a Abs. 2 EStG nach § 35a Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 EStG aus.

Etwas anderes ergab sich auch nicht daraus, dass sich ein Teil der Unterbringungskosten (22.620 €) infolge der Kürzung um die Haushaltsersparnis (8.472 €) im Rahmen des § 33 EStG nicht steuermindernd ausgewirkt hat. Zwar handelt es sich insoweit nicht um außergewöhnliche Belastungen, so dass eine Berücksichtigung nicht am Verbot der Doppelberücksichtigung des § 35a Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 EStG scheitert.

Eine Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 EStG setzt allerdings voraus, dass in dem Betrag (hier in der Haushaltsersparnis) überhaupt Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen enthalten sind. Dies kann in Bezug auf die Haushaltsersparnis nicht typisierend unterstellt werden. Denn die Haushaltsersparnis entspricht der Höhe nach den ersparten Verpflegungs- und Unterbringungskosten. Sie wird realitätsgerecht entsprechend dem in § 33a Abs. 1 EStG vorgesehenen Höchstbetrag für den Unterhalt unterhaltsbedürftiger Personen geschätzt, wobei Maßgröße insoweit die üblichen Kosten eines Einpersonenhaushalts sind. Mit der Haushaltsersparnis werden Fixkosten wie Miete oder Zinsaufwendungen, Grundgebühr für Strom, Wasser etc. sowie Reinigungsaufwand und Verpflegungskosten typisiert. Insoweit ist davon auszugehen, dass in dem typisierten Betrag von im Streitjahr 8.472 € Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen nicht in einer belastbaren Größenordnung enthalten waren.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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