12.11.2012

Abfindungszahlung zur Auflösung eines Mietverhältnisses stellt keine steuerbegünstigte Entschädigung dar

Ob eine Abfindung im konkreten Fall als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen oder für andere Nachteile als Ausgabenausgleich gezahlt wird, ist grundsätzlich aus der Sicht der Vertragsparteien zu beurteilen. Dazu ist der Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen, erforderlichenfalls im Wege der Auslegung, heranzuziehen.

Hessisches FG 1.8.2012, 10 K 761/08
Der Sachverhalt:
Der Kläger erzielte im Streitjahr 2001 als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Im Jahr 2000 war er mit seiner Praxis zur Miete in einen anderen Stadtteil gezogen. Der Käufer des Grundstückes plante alsbald, das Gebäude abzureißen und einen Neubau zu errichten. Aus diesem Grunde sollte das Mietverhältnis mit dem Kläger gegen Zahlung einer Abfindung vorzeitig aufgelöst werden. Im Jahr 2001 schlossen daher der Kläger und der Käufer einen entsprechenden "Abfindungsvertrag". Demnach wurde die Abfindung als Entgelt für die Räumung und Rückgabe des Mietgegenstandes gezahlt.

Der Kläger war der Ansicht, dass es sich bei den Zahlungen um eine steuerbegünstigte Entschädigungszahlung für entgangene und entgehende Einnahmen nach § 34 Abs. 2 EStG handele, weshalb der Feststellungsbescheid 2001 zu ändern sei. Letztlich seien folgende Gründe für die Höhe der Entschädigung ausschlaggebend gewesen:

  • Einnahmeausfälle während der Vorbereitung, Durchführung und Nachbearbeitung der Betriebsverlegung,
  • Einnahmeausfälle durch endgültigen Weggang von Dauermandanten wegen des Umzuges, Verärgerung über verzögerte oder nicht rechtzeitige Fertigstellung von Aufträgen und u.a. auch wegen des erneuten Umzugs innerhalb kurzer Zeit und den damit verbundenen neuen Unannehmlichkeiten,
  • der völlig unklaren Situation, wo der neue Sitz der Praxis sein würde und ob der bevorstehende Umzug überhaupt rechtzeitig bis zum Abbruch hätte realisiert werden können.

Das Finanzamt lehnte den Antrag auf Änderung des Feststellungsbescheides ab. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab.

Die Gründe:
Das Finanzamt hatte zu Recht die Abfindungszahlungen an den Kläger nicht der ermäßigten Besteuerung als Entschädigung gem. § 24 Abs. 1 Nr. 2a i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG unterworfen.

Der Ersatz "für entgangene oder entgehende Einnahmen" setzt vom Wort- und Sinnverständnis voraus, dass Einnahmen gar nicht erst anfallen, sondern ausgefallen sind oder der Ausfall entsprechender Einnahmen (künftig) zu erwarten ist. Ob eine Abfindung im konkreten Fall als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen oder für andere Nachteile als Ausgabenausgleich gezahlt wird, ist grundsätzlich aus der Sicht der Vertragsparteien zu beurteilen. Dazu ist der Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen, erforderlichenfalls im Wege der Auslegung, heranzuziehen. Eine Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG setzt ferner voraus, dass der Ausfall der Einnahmen entweder von dritter Seite veranlasst wurde oder, wenn er - so wie hier - vom Steuerpflichtigen selbst oder mit dessen Zustimmung herbeigeführt wurde, dieser unter erheblichem rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck stand.

Infolgedessen war die Abfindungszahlung, die der Kläger für die Auflösung des Mietverhältnisses erhalten hatte, nicht als steuerbegünstigte Entschädigung i.S.d. §§ 34, 24 EStG anzusehen. Die Abfindung war als Entgelt für die Räumung und Rückgabe des Mietgegenstandes gezahlt worden. Anhaltspunkte dafür, dass der Betrag als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen des Klägers aus seiner freiberuflichen Tätigkeit gezahlt wurde, waren nicht erkennbar. Nur für den Fall, dass die Vertragsauslegung ergibt, dass ein Teil einer Abfindung auch als Ausgleich für entgangenen Gewinn gezahlt wird, geht der BFH davon aus, dass ein Teil einer Gesamtzahlung als Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG zu schätzen ist.

Es war auch nicht nachvollziehbar, dass der Umzug eines Wirtschaftsprüfers oder eines Steuerberaters innerhalb einer Stadt einen so gravierenden Einfluss auf die Mandantenverhältnisse und damit auf mögliche Einnahmen haben könnte. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Mandant eines Wirtschaftsprüfers oder Steuerberaters sich allein aufgrund dessen von seinem langjährigen Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater trennt. Auch dies sprach dafür, dass die Problematik "entgangene oder entgehende Einnahmen" nicht Vertragsgrundlage der Abfindungsverhandlungen war.

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