24.11.2022

Absetzungen für Substanzverringerung durch eine KG nach Erwerb eines Kiesvorkommens von ihrem Kommanditisten

Ein zur Inanspruchnahme von Absetzungen für Substanzverringerung berechtigender Anschaffungsvorgang liegt auch dann vor, wenn eine Personengesellschaft einen Bodenschatz entgeltlich von ihrem Gesellschafter erwirbt und das Veräußerungsgeschäft einem Fremdvergleich standhält. Ein entsprechender Anschaffungsvorgang ist steuerrechtlich jedoch nicht anzuerkennen, wenn die getroffenen Vereinbarungen zur Fälligkeit der Kaufpreiszahlung und zum Zeitpunkt des Übergangs von Besitz, Nutzen und Lasten nicht beachtet werden.

Kurzbesprechung
BFH v. 1. 9. 2022 - IV R 25/19

EStG § 7 Abs 6
EStDV 2000 § 11d Abs 2
GewStG § 2, § 6, § 7, § 14
GewStG § 35b
FGO § 126 Abs 3 S 1 Nr. 1


Ein die Berechtigung zu Absetzungen für Substanzverringerung (AfS) begründender Anschaffungsvorgang vor, wenn eine Personengesellschaft einen Bodenschatz entgeltlich von ihrem Gesellschafter erwirbt. Die Übertragung des Kiesvorkommens, das dem Gesellschafter der Personengesellschaft gehört, in das Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft ist allerdings nur dann als Veräußerung durch den Gesellschafter und als Anschaffung durch die Gesellschaft ‑ und nicht als Einlage ‑ zu werten, wenn sich der Vorgang seinem wirtschaftlichen Gehalt nach wie eine im Geschäftsverkehr zwischen fremden Dritten übliche Veräußerung von einem Rechtssubjekt an ein anderes Rechtssubjekt darstellt.

Aus § 11d Abs. 2 EStDV folgt nichts anderes. Der hier verwendete Begriff des "Steuerpflichtigen" kann in den Fällen der entgeltlichen Anschaffung eines Bodenschatzes durch eine Personengesellschaft von ihrem Gesellschafter nicht dahin verstanden werden, dass "Steuerpflichtiger" im Sinne dieser Regelung der Gesellschafter ist und somit AfS nicht zulässig sind. Denn ein solches Verständnis ließe sich allein auf die längst überholte Bilanzbündeltheorie stützen. Dementsprechend werden Austauschverträge zwischen einer Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern grundsätzlich bei der Gewinnermittlung anerkannt.

Im entschiedenen Streitfall war der zwischen der Gesellschaft und ihrem Gesellschafter geschlossene Kaufvertrag gleichwohl steuerrechtlich nicht anzuerkennen. Denn die Übertragung eines Wirtschaftsguts von einem Gesellschafter auf eine Personengesellschaft, an der er beteiligt ist, ist nur dann als Veräußerung ‑ und nicht als Einlage ‑ zu beurteilen, wenn sich der Vorgang nach seinem wirtschaftlichen Gehalt wie eine im Geschäftsverkehr zwischen Fremden übliche Veräußerung von einem Rechtssubjekt an ein anderes Rechtssubjekt darstellt. Die steuerliche Anerkennung als Veräußerungsgeschäft setzt danach voraus, dass die Vereinbarung klar und ernstlich gewollt ist, rechtswirksam geschlossen wurde und auch dementsprechend durchgeführt wird. Inhalt und Durchführung der Vereinbarung müssen dem entsprechen, was unter fremden Dritten üblich ist. Jedoch schließt nicht jede Abweichung von dem Üblichen hierbei notwendigerweise die steuerrechtliche Anerkennung der Vereinbarung aus. Für die Anerkennung der Vereinbarung ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände vorzunehmen.

Im Streitfall hatte das FG unberücksichtigt gelassen, dass die Steuerpflichtige nicht nur mit etwa 5 % des Kaufpreises im Verzug war, sondern mit 100 %, und zwar ohne dass der Gesellschafter Verzugszinsen verlangt hätte. Am vertraglich vereinbarten Fälligkeitstermin, d.h. 14 Tage nach Abschluss des Notarvertrags, hatte die Steuerpflichtige keinerlei Zahlungen an den Gesellschafter erbracht. Die erste Teilzahlung sowie die Schlusszahlung erfolgten erst wesentlich später.

Auch die abweichende Vertragsdurchführung in Bezug auf die Erstattung eines Teilkaufpreises infolge des festgestellten Flächenmindermaßes hatte das FG nicht in seine Würdigung einbezogen. Eine weitere Abweichung in der Vertragsdurchführung ergab sich in Bezug auf die Regelungen zum Besitzübergang. Nach dem Kaufvertrag sollten Besitz, Nutzen und Lasten des Kaufgegenstandes, also auch des Kiesvorkommens, mit der vollständigen Zahlung des Kaufpreises auf die Steuerpflichtige als Käuferin übergehen. Tatsächlich hatte sie das Kiesvorkommen jedoch bereits unmittelbar nach Abschluss des Kaufvertrags auf eigene Rechnung verkauft.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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