Abzugsfähigkeit von Betriebsausgaben für sog. Incentive-Reisen
FG Köln v. 30.1.2025 - 10 K 101/21
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist ein Versicherungsunternehmen, dessen Tätigkeitsfeld primär die Vermittlung von Verträgen umfasst. Die Vermittlungsleistungen werden sowohl durch angestellte Vermittler als auch durch freie Vermittler erbracht. Insoweit lobte die Klägerin- so auch im Streitjahr 2014 - Reisen im Rahmen eines Vertriebswettbewerbs für das Erreichen bestimmter Vertriebsziele gegenüber angestellten und freien Vermittlern aus. Diese Reisen wurden neben den regulären Vergütungen gewährt. Im Jahr 2014 veranstaltete die Klägerin in diesem Zusammenhang Reisen in verschiedene deutsche Städte, die als GoldClub Reisen bzw. PlatinClub Reisen bezeichnet wurden.
Die Programme der Reisen waren, abgesehen von einer Ehrveranstaltung an einem der Abende, ausschließlich touristisch ausgestaltet. So beinhalteten diese z.B. Stadtrundfahrten und andere touristische Ausflüge, Einkäufe mittels von der Klägerin bereitgestellten Gutscheinen in verschiedensten Kaufhäusern, gemeinsame Restaurantbesuche und Segeltörns. Fortbildungen und Vorträge etc. waren demgegenüber nicht Bestandteil.
Bei einer Außenprüfung ging die Prüferin davon aus, dass bestimmte, überwiegend auf die freien Vermittler entfallenden Aufwendungen im Rahmen o.g. Gold- und PlatinClubreisen nicht abzugsfähig seien. Das Finanzamt folgte der Auffassung und qualifizierte in den nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheiden einen Teil der im Streitjahr insgesamt geltend gemachte Aufwendungen für diese Reisen als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben. Die Klägerin war der Ansicht, dass die sog. Incentive-Reisen als zusätzliche Sachprovision neben den regulären Vergütungen gewährt worden und dementsprechend als Vertriebsaufwand zu behandeln seien.
Das FG gab der Klage vollumfänglich statt. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen für die im Rahmen des Vertriebswettbewerbs durchgeführten Reisen sind i.H.d. streitigen Betrags uneingeschränkt nach § 8 Abs. 1 S. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 4 EStG zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen.
Die den freien Vermittlern im Rahmen der Reisen zugewandten Shoppinggutscheine waren keine Geschenke i.S.d. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG und daher in voller Höhe als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Der Geschenkbegriff des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG entspricht nach ständiger BFH-Rechtsprechung dem Begriff der bürgerlich-rechtlichen Schenkung nach § 516 Abs. 1. Danach stellt eine Schenkung eine Zuwendung dar, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. Unentgeltlichkeit liegt vor, wenn die Zuwendung - für den Empfänger erkennbar - nicht als Gegenleistung für eine bestimmte Leistung des Empfängers gedacht ist und nicht in einem unmittelbaren zeitlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer solchen Leistung steht. Als Gegenleistungen kommen alle Handlungen in Betracht, die im betrieblichen Interesse liegen; es muss sich, wie auch im bürgerlichen Recht anerkannt ist, nicht notwendig um eine vermögensrechtliche Zuwendung handeln.
Die hier im Rahmen der Reisen ausgegebenen Gutscheine standen in einem solchen unmittelbaren zeitlichen und zudem auch wirtschaftlichen Zusammenhang zu den von den freien Vermittlern der Klägerin erzielten Umsätzen. Die Höhe der erzielten Umsätze berechtigte die Vermittler bei Erreichen bestimmter, vorher festgelegter Grenzen zur Teilnahme an einem nach Umsatzhöhe gestaffelten Bonusprogramm. Unmittelbar mit dem Erreichen eines qualifizierenden Umsatzziels am Ende des Betrachtungszeitraums hatten die Vermittler bereits einen Anspruch auf die Teilnahme am Bonusprogramm. Dabei war es nach Auffassung des Senats wegen des bereits verdienten Anspruchs unerheblich, dass die eigentliche Reise dann zeitlich versetzt stattfand. Auch wirtschaftlich stand dieser Anspruch in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Leistung der Vermittler.
Außerdem dürfen nachgewiesene, nach der allgemeinen Verkehrsauffassung angemessene Bewirtungsaufwendungen von Personen aus geschäftlichem Anlass den Gewinn nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG nicht mindern, soweit sie 70 % der Aufwendungen übersteigen. Die auf die freien Außendienstmitarbeiter im Rahmen der Reisen entfallenden Bewirtungsaufwendungen unterfielen jedoch nicht der Abzugsbeschränkung von § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG, sondern waren vollständig als Betriebsausgaben abzugsfähig. Das Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG gilt dann nicht, wenn und soweit die Bewirtung Gegenstand eines Austauschverhältnisses im Sinne eines Leistungsaustausches ist. Bewirtungsaufwendungen, die im Leistungsaustausch vergütet werden, gehören nicht zu den in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG genannten Aufwendungen. Die streitigen Bewirtungsaufwendungen standen ebenso wie die Shoppinggutscheine in einem unmittelbaren zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang zu den von den freien Vermittlern erbrachten Vermittlungsleistungen.
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Justiz NRW
Die Klägerin ist ein Versicherungsunternehmen, dessen Tätigkeitsfeld primär die Vermittlung von Verträgen umfasst. Die Vermittlungsleistungen werden sowohl durch angestellte Vermittler als auch durch freie Vermittler erbracht. Insoweit lobte die Klägerin- so auch im Streitjahr 2014 - Reisen im Rahmen eines Vertriebswettbewerbs für das Erreichen bestimmter Vertriebsziele gegenüber angestellten und freien Vermittlern aus. Diese Reisen wurden neben den regulären Vergütungen gewährt. Im Jahr 2014 veranstaltete die Klägerin in diesem Zusammenhang Reisen in verschiedene deutsche Städte, die als GoldClub Reisen bzw. PlatinClub Reisen bezeichnet wurden.
Die Programme der Reisen waren, abgesehen von einer Ehrveranstaltung an einem der Abende, ausschließlich touristisch ausgestaltet. So beinhalteten diese z.B. Stadtrundfahrten und andere touristische Ausflüge, Einkäufe mittels von der Klägerin bereitgestellten Gutscheinen in verschiedensten Kaufhäusern, gemeinsame Restaurantbesuche und Segeltörns. Fortbildungen und Vorträge etc. waren demgegenüber nicht Bestandteil.
Bei einer Außenprüfung ging die Prüferin davon aus, dass bestimmte, überwiegend auf die freien Vermittler entfallenden Aufwendungen im Rahmen o.g. Gold- und PlatinClubreisen nicht abzugsfähig seien. Das Finanzamt folgte der Auffassung und qualifizierte in den nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheiden einen Teil der im Streitjahr insgesamt geltend gemachte Aufwendungen für diese Reisen als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben. Die Klägerin war der Ansicht, dass die sog. Incentive-Reisen als zusätzliche Sachprovision neben den regulären Vergütungen gewährt worden und dementsprechend als Vertriebsaufwand zu behandeln seien.
Das FG gab der Klage vollumfänglich statt. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen für die im Rahmen des Vertriebswettbewerbs durchgeführten Reisen sind i.H.d. streitigen Betrags uneingeschränkt nach § 8 Abs. 1 S. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 4 EStG zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen.
Die den freien Vermittlern im Rahmen der Reisen zugewandten Shoppinggutscheine waren keine Geschenke i.S.d. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG und daher in voller Höhe als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Der Geschenkbegriff des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG entspricht nach ständiger BFH-Rechtsprechung dem Begriff der bürgerlich-rechtlichen Schenkung nach § 516 Abs. 1. Danach stellt eine Schenkung eine Zuwendung dar, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. Unentgeltlichkeit liegt vor, wenn die Zuwendung - für den Empfänger erkennbar - nicht als Gegenleistung für eine bestimmte Leistung des Empfängers gedacht ist und nicht in einem unmittelbaren zeitlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer solchen Leistung steht. Als Gegenleistungen kommen alle Handlungen in Betracht, die im betrieblichen Interesse liegen; es muss sich, wie auch im bürgerlichen Recht anerkannt ist, nicht notwendig um eine vermögensrechtliche Zuwendung handeln.
Die hier im Rahmen der Reisen ausgegebenen Gutscheine standen in einem solchen unmittelbaren zeitlichen und zudem auch wirtschaftlichen Zusammenhang zu den von den freien Vermittlern der Klägerin erzielten Umsätzen. Die Höhe der erzielten Umsätze berechtigte die Vermittler bei Erreichen bestimmter, vorher festgelegter Grenzen zur Teilnahme an einem nach Umsatzhöhe gestaffelten Bonusprogramm. Unmittelbar mit dem Erreichen eines qualifizierenden Umsatzziels am Ende des Betrachtungszeitraums hatten die Vermittler bereits einen Anspruch auf die Teilnahme am Bonusprogramm. Dabei war es nach Auffassung des Senats wegen des bereits verdienten Anspruchs unerheblich, dass die eigentliche Reise dann zeitlich versetzt stattfand. Auch wirtschaftlich stand dieser Anspruch in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Leistung der Vermittler.
Außerdem dürfen nachgewiesene, nach der allgemeinen Verkehrsauffassung angemessene Bewirtungsaufwendungen von Personen aus geschäftlichem Anlass den Gewinn nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG nicht mindern, soweit sie 70 % der Aufwendungen übersteigen. Die auf die freien Außendienstmitarbeiter im Rahmen der Reisen entfallenden Bewirtungsaufwendungen unterfielen jedoch nicht der Abzugsbeschränkung von § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG, sondern waren vollständig als Betriebsausgaben abzugsfähig. Das Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG gilt dann nicht, wenn und soweit die Bewirtung Gegenstand eines Austauschverhältnisses im Sinne eines Leistungsaustausches ist. Bewirtungsaufwendungen, die im Leistungsaustausch vergütet werden, gehören nicht zu den in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG genannten Aufwendungen. Die streitigen Bewirtungsaufwendungen standen ebenso wie die Shoppinggutscheine in einem unmittelbaren zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang zu den von den freien Vermittlern erbrachten Vermittlungsleistungen.
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