05.08.2016

Ähnlichkeitsprüfung bei im EDV-Bereich tätigen Autodidakten

Legt der Steuerpflichtige (hier: ein im EDV-Bereich tätiger Autodidakt) keinerlei Belege zu den Inhalten von Fortbildungsveranstaltungen und den von ihm selbst durchgeführten Seminaren vor, muss das Finanzamt nicht von Kenntnisse ausgehen, die den Kenntnissen eines Diplom-Informatikers gleichwertig sind. In einem solchen Fall kann er nicht gelten machen, einen dem Ingenieur ähnlichen Beruf i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausgeübt zu haben.

BFH 14.4.2016, VI R 61/13
Der Sachverhalt:
Der Kläger stritt hinsichtlich der Streitjahre 2000 bis 2002 mit dem Finanzamt darüber, ob er in diesem Zeitraum gewerbesteuerpflichtig war. Der Kläger hatte nach Erreichen der Fachhochschulreife an einer höheren Handelsschule im Jahr 1983 und der allgemeinen Hochschulreife an einem Wirtschaftsgymnasium im Jahr 1985 eine Ausbildung in elektronischer Datenverarbeitung und als Pascal-Programmierer an der Bundeswehrschule absolviert. Anschließend studierte er Chemie sowie Informatik und erwarb einige Scheine, aber in keinem der Studiengänge erreichte er einen Abschluss.

Ab 1993 übte der Kläger eine Tätigkeit mit den Schwerpunkten Planung, Durchführung und Verkaufs von Netzwerkinfrastrukturen sowie Expertensystemen aus. Diese Tätigkeit sah der Kläger selber als eine gewerbliche und nicht als freiberufliche Tätigkeit an. Zwischen 1996 und 1999 wirkte er an verschiedenen Projekten zur Entwicklung von System- und Anwendungssoftware mit. In den Streitjahren war der Kläger als Subunternehmer einer GmbH in Projekten für verschiedene Unternehmen tätig. Er ordnete für seine Tätigkeit als Einzelunternehmer auf dem Gebiet der Informationstechnologie in den Einkommensteuererklärungen der Streitjahre seine Gewinne und Verluste den Einkünften aus Gewerbebetrieb zu.

Aufgrund einer Außenprüfung hob das Finanzamt den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf, da sich nach Erhöhung der Gewerbesteuermessbeträge der Streitjahre kein festzustellender Verlust mehr ergab. Hiergegen wehrte sich der Kläger. Er machte geltend, er habe Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt. Im anschließenden Klageverfahren holte das FG ein Sachverständigengutachten ein. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass sich die berufliche Tätigkeit des Klägers in den Streitjahren zumindest auf einen der Kernbereiche der typischen Tätigkeiten eines Diplominformatikers erstreckt habe. Er führte aus, es bestehe eine "hohe Wahrscheinlichkeit" dafür, dass der Kläger einen Teil der von ihm zur Nachweisführung eingereichten Projektunterlagen/Arbeitsproben und Programmcodes selbst erstellt habe. Unklar bleibe jedoch, ob auch andere Personen mitgewirkt hätten.

Der Kläger verzichtete darauf, seine Kenntnisse durch eine Wissensprüfung nachzuweisen. Das FG wies die Klage ab. Auch die Revision des Klägers vor dem BFH blieb erfolglos.

Gründe:
Die Würdigung des FG, es habe für die Streitjahre keine Kenntnisse des Klägers, die den Kenntnissen eines Diplom-Informatikers gleichwertig gewesen seien, feststellen können, war revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Bereits aus diesem Grund stand auch fest, dass der Kläger in den Streitjahren einen Gewerbebetrieb unterhalten hatte.

Das FG hat nachvollziehbar begründet, warum es weder aufgrund der dargelegten Fortbildungsmaßnahmen des Klägers bei externen Anbietern, des behaupteten Selbststudiums von Standardwerken der Informatik noch anhand der vorgelegten praktischen Arbeiten eine einem Diplom-Informatiker oder Wirtschaftsinformatiker in Breite und Tiefe vergleichbare Vorbildung feststellen konnte. Der Kläger hatte keine Belege zu den Inhalten von Fortbildungsveranstaltungen und den von ihm selbst durchgeführten Seminaren vorgelegt. Das berufsbegleitende Selbststudium von 110 Fachbüchern hatte das FG als nicht glaubhaft angesehen, was sich aber mit den Feststellungen des Sachverständigen deckte.

Entgegen der Revisionsbegründung hat das FG auch die Tiefe und Breite der Vorbildung des Klägers auch anhand dessen praktischer Arbeiten geprüft. Der Sachverständige hatte sich zuvor nachvollziehbar darauf gestützt, dass die Programmierungen des Klägers Software mittlerer Komplexität betrafen und daher nicht auf eine Vorbildung im Umfang eines Diplom-Informatikers/Wirtschaftsinformatikers schließen ließen, der 2/3 der Pflichtfächer des Studiums bestanden habe. Ergänzend haben das FG und der Sachverständige die vom Kläger vorgelegten Verträge, Rechnungen, Tätigkeitsnachweise sowie Stundenaufstellungen gewürdigt und auch in der Verdiensthöhe des Klägers kein Indiz für eine hochschulmäßige Qualifikation gesehen.

Linkhinweis:

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