22.06.2018

Aktualisierung des AO-Anwendungserlasses zu § 146 AO

Durch das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen v. 22.12.2016 (BGBL. I 2016, 3152) wurde § 146 Abs. 1 AO mit Wirkung ab dem 29.12.2016 neu gefasst. Entsprechend hat das BMF nun mit Schreiben v. 19.6.2018 die Regelungen des AO-Anwendungserlasses zu § 146 AO mit sofortiger Wirkung aktualisiert.

BMF-Schreiben
BMF-Schreiben v. 19.6.2018 - IV A 4 - S 0316/13/10005:053, DOK 2018/0427877

AO § 146

Der Beachtung der steuerlichen Aufzeichnungspflichten ist von besonderer Bedeutung, da nur einer ordnungsmäßigen Buchführung Beweiskraft zukommt (§ 158 AO) und Verstöße gegen die Vorschriften zur Führung von Büchern und Aufzeichnungen die Anwendung von Zwangsmitteln nach § 328 AO, eine Schätzung nach § 162 AO oder eine Ahndung nach § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 AO zur Folge haben können. Die Verletzung der Buchführungspflichten ist unter den Voraussetzungen der §§ 283 und 283b StGB (sog. Insolvenzstraftaten) strafbar.

Aufzeichnungen müssen unterschiedlichen steuerlichen Zwecken genügen. Die Pflicht zur Einzelaufzeichnung gilt unabhängig von der Gewinnermittlungsart. Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung erfordern grundsätzlich die Aufzeichnung jedes einzelnen Geschäftsvorfalls unmittelbar nach seinem Abschluss und in einem Umfang, der einem sachverständigen Dritten in angemessener zeit eine lückenlose Überprüfung seiner Grundlagen, seines Inhalts, seiner Entstehung und Abwicklung und seiner Bedeutung für den Betrieb ermöglicht. Dabei müssen die Grundaufzeichnungen so beschaffen sein, dass sie jederzeit eindeutig in ihre Einzelpositionen aufgegliedert werden können. Die Verpflichtung zur Einzelaufzeichnung gilt grundsätzlich unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige ein elektronisches Aufzeichnungssystem oder eine offene Ladenkasse verwendet. Dabei sind branchenspezifische Mindestaufzeichnungspflichten und Zumutbarkeitsgesichtspunkte zu berücksichtigen.

Der Grundsatz der Einzelaufzeichnungspflicht gilt auch für Steuerpflichtige, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln.

Die Aufzeichnung jedes einzelnen Geschäftsvorfalls ist nur dann nicht zumutbar, wenn es technisch, betriebswirtschaftlich und praktisch unmöglich ist, die einzelnen Geschäftsvorfälle aufzuzeichnen. Dabei obliegt dem Steuerpflichtigen die Nachweispflicht. Die Zumutbarkeitsüberlegungen, die der Ausnahmeregelung nach § 146 Abs. 1 Satz 3 AO zugrunde liegen, sind grundsätzlich auch auf Dienstleistungen übertragbar.

Ausnahmeregelungen im Einzelnen:

  • Bei Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen gegen Barzahlung gilt die Einzelaufzeichnungspflicht aus Zumutbarkeitsgründen nicht, wenn kein elektronisches Aufzeichnungssystem, sondern nur ein offene Ladenkasse verwendet wird. Ist für einen räumlich oder organisatorisch eindeutig abgrenzbaren Bereich aus technischen Gründen oder aus Zumutbarkeitserwägungen eine Erfassung über das vorhandene elektronische Aufzeichnungssystem nicht möglich, beanstandet die Finanzverwaltung nicht, wenn zur Erfassung dieser Geschäftsvorfälle eine offene Ladenkasse verwendet wird.
  • Werden Einzeldaten einer Waage unter Berücksichtigung von § 146 Abs. 4 AO zusätzlich in einem elektronischen Kassensystem aufgezeichnet, wird nicht beanstandet, wenn die Einzeldaten der Waage nicht zusätzlich aufbewahrt werden.
  • Verwendet der Steuerpflichtige eine offene Ladenkasse sowie eine Waage, die lediglich das Gewicht und/oder den Preis anzeigt und über die Dauer des einzelnen Wiegevorgangs hinaus über keine Speicherfunktion verfügt, wird unter den Voraussetzungen des § 146 Abs. 1 Satz 3 AO nicht beanstandet, wenn die Einzeldaten der Waage nicht aufgezeichnet werden.


Grundsätzlich besteht keine gesetzliche Verpflichtung zur Verwendung eines elektronischen Aufzeichnungssystems. Einzelaufzeichnungen können durch die vollständige und detaillierte Erfassung aller baren Geschäftsvorfälle in Form eines Kassenbuches erfolgen. Besteht aus Zumutbarkeitsgründen keine Verpflichtung zur Einzelaufzeichnung, müssen die Bareinnahmen zumindest anhand eines Kassenberichts nachgewiesen werden.  Dabei sind Kasseneinnahmen und Kassenausgaben täglich festzuhalten. Kassenaufzeichnungen müssen so beschaffen sein, dass ein sachverständiger Dritter jederzeit in der Lage ist, den Sollbestand mit dem Istbestand der Geschäftskasse zu vergleichen.


Bei Mitwirkungsverstößen kann ein Verzögerungsgeld (§ 146 Abs. 2b AO) festgesetzt werden. Hierbei ist zu beachten, dass eine mehrfache Festsetzung eines Verzögerungsgeldes wegen fortdauernder Nichtvorlage derselben Unterlagen nicht zulässig ist. Wird die Verpflichtung nach Festsetzung des Verzögerungsgeldes erfüllt, ist der Vollzug nicht einzustellen.

§ 146 Abs. 5 AO enthält eine gesetzliche Grundlage für die sog. "Offene - Posten - Buchhaltung" sowie für die Führung der Bücher und sonstigen Aufzeichnungen auf maschinell lesbaren Datenträgern. Bei einer Buchführung auf maschinell lesbaren Datenträgern müssen die Daten innerhalb der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist unverzüglich lesbar gemacht werden können. Der Buchungsstoff muss ganz oder teilweise lesbar gemacht werden, wenn die Finanzbehörde es verlangt (§ 147 Abs. 5 AO).

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